Weltmeisterschaft über den Wolken - Konzer Sportpilot bei der Junioren-WM im Segelfliegen

Konz/Neumagen-Dhron · Der Konzer Sportpilot Robin Diesterweg reist nach Litauen, um ab Sonntag an der Junioren-WM im Segelfliegen teilzunehmen. Seine Mannschaft zählt zu den Favoriten.

 Robin Diesterweg startet für Deutschland bei der Segelflug-WM in Litauen. Der Konzer trainiert in Neumagen-Dhron im Kreis Bernkastel-Wittlich.

Robin Diesterweg startet für Deutschland bei der Segelflug-WM in Litauen. Der Konzer trainiert in Neumagen-Dhron im Kreis Bernkastel-Wittlich.

Foto: Nathalie Hartl

Schon als Kind wollte Robin Diesterweg Pilot werden. Seinen Traum hat sich der 23-Jährige längst erfüllt, denn seit seinem 14. Lebensjahr sitzt der Segelflieger im Cockpit und steuert durch die Lüfte. Wenn am Himmel keine Schatten sichtbar sind und "wie mit dem Lineal gezogene Schäfchenwolken" regelmäßig über den Horizont verteilt sind, ist das Wetter für Diesterweg perfekt.

Dann schwingt er sich in einen Flieger und trainiert für die Weltmeisterschaft der Junioren, die in diesem Jahr im litauischen Pociûnai stattfinden wird. Vom Gelände des Luftsportvereins Neumagen-Dhron aus startet Diesterweg an guten Sommertagen in 2000 Metern Höhe. Über die von der Kanzel aus immer kleiner werdende Wiese erhebt sich seine Maschine über die Weinberge und das Moseltal. 400 bis 800 Kilometer umfasst eine übliche Trainingseinheit, die beispielsweise nach Würzburg (Bayern) oder Mannheim (Baden-Württemberg) gehen kann. "Manchmal ist man sieben Stunden unterwegs", sagt Diesterweg, der es gewohnt ist, dass viele Menschen überrascht sind, welche Distanzen er im Segelflieger am Stück zurücklegt.

Vor allem das Zusammenspiel zwischen Natur und Technik reizt den jungen Piloten, der inzwischen Maschinenbau studiert und damit auch Wissen erwirbt, das er auf dem Flugplatz anwenden kann.

An der Maschine, die er sowohl privat als auch bei Wettkämpfen nutzt, legt er gerne selbst Hand an. "Das, was bei der Formel 1 von Mechanikern in den Boxen gemacht wird, muss er selbst machen", sagt Dieter Reiss, der beim Fliegerclub in Neumagen-Dhron unter anderem für die Pressearbeit zuständig ist. Diesterweg nickt: "Man kommt beim Segelfliegen nicht drum herum, sich auch mit der Technik zu befassen."

In der eigenen Werkstatt, die sich direkt am Flugplatz befindet, schraubt der 23-Jährige häufig an seinem geflügelten Gefährt, wenn etwas nicht richtig funktioniert. Neben dem Groben achtet er auch auf das Feintuning: "Da hat jeder seine Eigenarten." Bevor der WM-Teilnehmer von der Erde abhebt, säubert er die Flügel der Maschine akribisch. Diese müssen möglichst "aerodynamisch sein", also eine Form aufweisen, die in der Luft nur einen geringen Strömungswiderstand erzeugt. Schon kleine Schmutzpartikel könnten die Schnelligkeit beeinträchtigen - und gerade darum geht es in dem Sport. Bei Wettkämpfen müssen die Piloten vorgegebene Ziele auf Zeit in einer bestimmten Reihenfolge anfliegen.

Schon früh faszinierte die Segelfliegerei Diesterweg. Seine ersten Runden drehte er als Jugendlicher vom heimischen Flugplatz in Konz aus. "Mit 18 ging es dann richtig los", sagt er.

Diesterweg ist zum Segelclub Neumagen-Dhron gewechselt, um an seiner Leistung zu arbeiten. "Erfahrene Piloten und ein gutes Trainingsangebot" lockten ihn auf den malerisch gelegenen Platz im Landkreis Bernkastel-Wittlich. Nach dem Abitur wollte Diesterweg eigentlich direkt mit dem Studium beginnen. Doch es kam anders: Er ging zur Bundeswehr, leistete einen Grundwehrdienst und wurde daraufhin Sportsoldat. Dieser Status verschaffte ihm die Chance, sich ganz auf die Wettbewerbsvorbereitungen konzentrieren zu können. "Es war total cool, sein Hobby leben zu können", sagt Diesterweg.

Heute hat er weniger Zeit für die Fliegerei. Da er in Mannheim studiert, trainiert er vor allem an den Wochenenden und in den Semesterferien.

Als Teil der deutschen Junioren-Nationalmannschaft erhält er ein besonderes Coaching. Psychologen bereiten die Flieger auf den Wettkampf vor und fördern den Teamgeist. Mit Hilfe von Computerspielen wird die Reaktionsfähigkeit der Piloten analysiert. Der Aufwand zahlt sich aus: "Die Deutschen gelten als Favorit", sagt Diesterweg. Der Sport habe hier Tradition, und es gebe viele gute Segelflieger. Reiss führt die gute Leistung der Nationalmannschaft darauf zurück, dass sich die Athleten über mehrere Entscheide hinweg qualifizieren müssen: "Die deutschen Piloten haben schon zig Wettbewerbe hinter sich, wenn sie bei der WM antreten." Dies sei nicht in jedem Land der Fall. "Manche haben quasi erst den Führerschein gemacht."

Bei der WM gibt es sowohl eine Einzel- als auch eine Teamwertung. Bei der Junioren-WM 2015 in Australien kämpften sich die Deutschen - inklusive Diesterweg - bereits gemeinsam an die Spitze. Der Konzer hofft, das in diesem Jahr wiederholen zu können.

"Beim Fliegen im Team ist es wichtig, gut zu kommunizieren und Augenkontakt zu halten", sagt er. "Flügel an Flügel" gleitet man durch die Luft. Die Wettkämpfe in Litauen werden von Sonntag, 30. Juli, bis Mittwoch, 12. August, ausgetragen. Diesterweg wünscht sich, auch in der Einzelwertung einen der vorderen Plätze belegen zu können - 2015 wurde er bereits Sechster.

Wenn er nicht über die Wolken segelt, ist er manchmal auch motorisiert in den Lüften unterwegs. "Bei gutem Wetter habe ich schon Badesachen eingepackt, Freunde mitgenommen und bin an die Maare geflogen." Mit einem Motorflugzeug sei man in fünf Minuten an den Gewässern vulkanischen Ursprungs. Das Training zahlt sich also auch für Diesterwegs Bekannte aus.

Mehr Informationen zu der Weltmeisterschaft und Ergebnisse gibt es unter: www.jwgc2017.lt

DER LUFTSPORTVEREIN NEUMAGEN-DHRON

Der 1973 gegründete Verein bildet sowohl Segel- als auch Motorflieger aus. Vor allem die Jugendarbeit ist laut Dieter Reiss ein wichtiger Bestandteil der Vereinsarbeit. Ab 14 Jahren können Jugendliche das Fliegen erlernen und mehr über die Flugzeugtechnik erfahren. Viele Vereinsmitglieder haben ihr Hobby später zum Beruf gemacht. Unter ihnen finden sich Fluggerätmechaniker, Rettungsflieger und Linienverkehrspiloten. Auf dem Flugplatz des Vereins außerhalb von Neumagen-Dhron ist bei geeignetem Wetter auch unter der Woche etwas los. Über 60.000 Segelflug-Kilometer legten die Vereinsmitglieder 2015 zurück.

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