Wenn die Ballerina auf der Zungenspitze tanzt

TRABEN-TRARBACH/TREIS-KARDEN. Es war eine Weinprobe, wie sie die "Wappen von Cochem" wohl noch kaum erlebt hat. Und nicht nur die. So kurzweilig und amüsant sind die herausragenden Tropfen von Teilen der Terrassen- und Mittelmosel wohl noch selten präsentiert worden.

22 Spitzengewächse - zugegeben, das gibt es hin und wieder. Diese aber Schlag auf Schlag im Angesicht der jeweiligen Lagen, aus denen sie ihre einzigartige Finesse schöpften, zu genießen und sich dabei auch vom Zauber einer ebenso unvergleichlichen Kulturlandschaft einfangen zu lassen - und das vom Wasser aus - das hatte etwas. Zu danken war es dem "Verein der ehemaligen Bullayer Weinbauschüler". Die Schule gibt es zwar schon lange nicht mehr, genauer gesagt seit 1989. Der Verein aber lebt weiter, und wie. Und belohnte seine treuen Mitglieder zum 100. Geburtstag - den nämlich feiert er in diesem Jahr - mit diesem natürlich einmalig bleibenden Erlebnis. Denn den 100. kann man nur einmal feiern. Und das taten mehr als 250 Gäste, Ehemalige allesamt mit ihren Frauen, die in Treis-Karden an Bord der "Wappen von Cochem" gegangen waren. Es waren nicht nur die Weine, die kredenzt wurden auf der Fahrt von Treis bis Traben-Trarbach. 22 Weinorte wurden passiert, aus jedem gab es passend zur Vorbeifahrt ein herausragendes Gewächs. Das noch besser wurde dank der Kommentierung: Matthias Porten vom DLR in Bernkastel toppte das, was golden im Glas schimmerte, noch durch seine Sprüche, erwies sich als vinologischer Entertainer höchster Güte. Ob als Pavarotti verkleidet auf der Leiter stehend, aus dem Weltraum mit dem Signal "Mätti an Erde..." oder als Erfinder der neuen "Blindprobe" mit Tüte über dem Kopf: So amüsant, dabei durchaus informativ und lehrreich, gleichsam mit liebenswertem Augenzwinkern wird Moselwein wohl selten "verkauft". Das müsste es öfter geben, waren sich alle Passagiere einig. Beispiel gefällig? Den Unterschied zwischen Mosel-Winzersekt und Champagner erklärte Matthias Porten griffig: Beim Winzersekt tanzt die Ballerina vorne auf der Zunge, beim (Noch-)Konkurrenten aus dem Nachbarland rutscht eine dicke Alte hinten runter. Und so reihte er ein Bonmot ans andere, bisweilen unterstützt von Dieter Schlagkamp. Ein geniales Duo, und ein Glücksfall für den oder die Mosel gleichermaßen. Ein Glücksfall für den Verein der Ehemaligen ist ein anderes Duo: Vorsitzender Hermann Schardt aus Bullay, seit 1989 im Amt, und Geschäftsführer Franz-Josef Treis, der Organisator nicht nur dieses Abends, dem als Spiritus rector der Ehemaligen es vor allem zu verdanken ist, dass der Verein noch besteht. Beiden dankte Dieter Schlagkamp unter großem Beifall der Gäste nicht nur für die außergewöhnliche Jubiläumsfahrt, sondern auch dafür, den Verein trotz des Aus für die Weinbauschule zusammengehalten zu haben. Natürlich gehört zum 100. Geburtstag auch ein kleiner Rückblick: In erfreulich straffer Form streifte Schlagkamp einige Stationen, erinnerte an Namen diverser Vorsitzender wie Klaus Bremm aus Zell, der nach den Wirren des zweiten Weltkriegs den Verein wieder aufbaute. Und auch die Direktoren und Lehrkräfte der Schule vergaß Schlagkamp nicht, etwa die noch unvergessenen Namen Werner Kalbfuß oder Winfried Knechtges. Doch Trumpf sollte die Gegenwart sein: moselländische Lebensfreude und Lebensart pur, auch gefördert dank eines glänzenden kalt-warmen Büfetts, das in Beilstein an Bord kam. Zur Melodie eines der schönsten und bekanntesten Kirchenlieder stimmte Mätti Porten ein "Großer Riesling, wir loben dich..." an, und gut 250 begeisterte Passagiere gaben kurz vor Traben-Trarbach stimmlich alles.

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