"Werden Sie eine Persönlichkeit"

Seit 21 Jahren trägt die Traben-Trarbacher Realschule, die 1955 errichtet wurde, den Namen des ersten deutschen Bundeskanzlers. Jetzt freute sich dessen Enkel Konrad Adenauer (62) sehr über eine Einladung an die Mosel, wo er die Schüler mit einem kurzweiligen Vortrag unterhielt.

 Konrad Adenauer, der Enkel des ersten deutschen Bundeskanzlers, kam auf Einladung der Realschule nach Traben-Trarbach. Hier diskutiert er mit Schülern vor den Schautafeln der Ausstellung „Konrad Adenauer und die Europäische Integration“. Die Schau der Adenauer-Stiftung ist derzeit in der Aula der Schule zu sehen. TV-Foto: Gerda Knorrn-Belitz

Konrad Adenauer, der Enkel des ersten deutschen Bundeskanzlers, kam auf Einladung der Realschule nach Traben-Trarbach. Hier diskutiert er mit Schülern vor den Schautafeln der Ausstellung „Konrad Adenauer und die Europäische Integration“. Die Schau der Adenauer-Stiftung ist derzeit in der Aula der Schule zu sehen. TV-Foto: Gerda Knorrn-Belitz

Traben-Trarbach. Mit zwei Liedern, die die 6. Klasse gekonnt vortrug, wurde der hohe Gast in der Aula empfangen. Schulleiter Gunnar Teuchner berichtete in seiner Begrüßung von den beschwerlichen Anfängen der Schule. 1955 hatten 44 Schüler die Aufnahmeprüfung bestanden und sie mussten fortan monatlich 28 D-Mark Schulgeld entrichten. Den Zielen von Adenauer fühle man sich besonders verpflichtet, sagte Teuchner. Das seien Verständigung und Verständnis für andere, friedliches Zusammenleben und erfolgreiches Arbeiten zum Wohle aller.Der Enkel, als Notar in Köln tätig, zog die Zuhörer, darunter auch Verbandsgemeindebürgermeister Ulrich K. Weisgerber, mit einem kurzweiligen Vortrag in seinen Bann. Besonders interessierte natürlich auch das Private über den ersten Bundeskanzler, der 1876 in Köln geboren wurde und sich um seine Heimatstadt als Oberbürgermeister in den Jahren von 1917 bis 1933 verdient gemacht hat. "Er wollte Köln zur größten und wichtigsten Stadt Westdeutschlands machen", sagte der Enkel, und das sei ihm größtenteils auch gelungen. Unter anderem begründete Adenauer die Musikhochschule der Stadt, die Anlage des Stadions, den Bau der Kölner Messe, und er holte den WDR an den Rhein.Großen Wert legte der studierte Jurist auf eine gute Schulbildung. Präsentierten ihm seine Enkel ein gutes Zeugnis, erwies sich Opa als spendabel und "es gab ein paar Mark". Das wichtigste sei ihm jedoch gewesen, so der Enkel, dass der Mensch eine Persönlichkeit wird. "Werden Sie eine Persönlichkeit", zitierte er den Großvater mit Blick auf die jungen Menschen in der Aula. 1945 war Adenauer Mitbegründer und Vorsitzender der CDU, ab 1948 Präsident des Parlamentarischen Rats. 1949 wurde er zum ersten Bundeskanzler gewählt, und als er 1963 von seinem Amt zurücktrat, war sein Enkel 18 Jahre jung."Kein Verwandter zum Anfassen" sei er gewesen, sagt Konrad Adenauer, der sein Verhältnis zum Großvater aber als sehr gut beschreibt. Stets korrekt gekleidet mit Anzug und Weste zeigte sich der Staatsmann auch den Enkeln. "Wenn er den Raum betrat, stand alles auf." Besuche wollten lange angemeldet sein, und ihn anzurufen, war fast unmöglich. "Aber auf jede Post gab es eine Antwort", erinnert sich Adenauer.Bevor die Schüler Gelegenheit zum Fragen hatten, gab es ein musikalisches Intermezzo am Flügel mit Alisha Polzin (6. Klasse) und einem Rondeau des Bach-Zeitgenossen Daquin, und Christopher Mallmann (9. Klasse) spielte einen Whistling Blues und Boogie. Fulminante Vorträge, die den auch kulturinteressierten Gast sehr erfreuten. Viele Fragen galt es noch zu beantworten, die sich unter anderem auf skurrile und zum Patent angemeldete Erfindungen Adenauers bezogen, auf seine gute Konstitution, und ein Schüler wollte vom Enkel wissen, ob er einem Grass-Zitat zustimmen könne, in dem der Schriftsteller die Ära Adenauer als grauenhaft und den Kanzler als spießigen Katholiken beschrieben hatte. Da empörte sich der besonnen wirkende Notar: "Das ist dummer Quatsch". Grass habe eine enge Blickrichtung gehabt, und die 50er seien Jahre des Aufbruchs und der Meinungsvielfalt gewesen. "Ich habe gerne seine Meinung vertreten", sagte Konrad Adenauer zum Abschluss, "nicht, weil ich sein Enkel bin, sondern auch aus Überzeugung".

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