Wie aus einem Kaufmann ein Polizist wird

WITTLICH. Viel hat sich bei der Polizei in den 38 Wittlicher Dienstjahren von Rainer Lehnertz verändert. Nun hat sich der Polizeihauptkommissar in den Ruhestand verabschiedet.

38 Jahre bei der Schutzpolizei in Wittlich - Rainer Lehnertz hat es nie bereut, dass er sich für diesen Job entschieden hat, auch wenn Polizist nicht sein Traumberuf war. Kaufmann hatte Lehnertz in einem Wittlicher Eisenwaren- und Haushaltswarengeschäft gelernt. "Das war nicht so recht das, was ich mir vorgestellt hatte", räumt er ein. Als Handelsvertreter unterwegs zu sein - das hätte er gerne gemacht. Doch stattdessen ergab sich etwas anderes. In der Nachbarschaft gab es einen Polizisten, der den jungen Lehnertz gern bei den Ordnungskräften gesehen hätte und den Vater darauf ansprach. "Ich wollte mich nicht gerne schicken lassen", erzählt Lehnertz grinsend. Und verrät, was ihn schließlich doch überzeugt hat. "Mein Vater sagte: ,Wenn du dorthin gehst, bekommst du ein Auto.' Das hat gezogen, ich war gerade 18." Schon nach ein paar Monaten habe er von der Polizei nicht mehr weg gewollt. Die Ausbildung, in der er viele Menschen kennen lernte, habe ihm Spaß bereitet. Später habe er sich auch dazu berufen gefühlt, für Recht und Ordnung zu sorgen. Ein Jahr war Lehnertz in Remagen für die Belange der Schutzpolizei zuständig, kümmerte sich also um Verkehrsdelikte und kleinere Vergehen wie Autoaufbrüche und Sachbeschädigungen. 1966 kam er dann zum damaligen Gendarmeriekommando nach Wittlich. In den fast vier Jahrzehnten seiner Arbeit veränderte sich für Lehnertz, der in den 50er Jahren mit seinen Eltern von Gotha nach Wittlich gekommen war, vieles.Früher: Weniger Unfälle, mehr Respekt vor der Polizei

Er kletterte die Karriereleiter hoch zum Polizeihauptkommissar, was für ihn mit einem Wechsel vom Schicht- zum Innendienst verbunden war. Dies hatte nicht nur gleichmäßige Dienstzeiten zur Folge. Lehnertz: "Ich brauchte in den vergangenen 30 Jahren keinem mehr weh zu tun." Da jedoch alle Vorgänge über seinen Schreibtisch gingen, bekam er auch weiterhin mit, was draußen passierte. Auch da stellt Lehnertz Veränderungen fest. "In den 60er und 70er Jahren gab es nicht so viele Unfälle wie heute, weil einfach weniger Autos unterwegs waren." Die Rauschgiftfälle, vor allem mit Partydrogen wie Ecstasy, hätten zugenommen, und die Jugendlichen seien heute aggressiver. Lehnertz: "Es gibt schon mal öfters Widerstand, wenn wir jemanden beispielsweise für eine Blutprobe mitnehmen wollen. Früher hatte man mehr Respekt vor der Polizei." Doch auch anderweitig ist der Widerstand größer als früher. Viele Menschen hätten mittlerweile eine Rechtsschutz-Versicherung und würden Delikte, bei denen sie ertappt wurden, wie beispielsweise beim Fahren Nichtangeschnalltsein, erfolgreich in Frage stellen. Lehnertz: "Das ist heute gang und gäbe, da ärgert sich bei der Polizei keiner mehr drüber." Mit seinen 60 Jahren ist Lehnertz ein Jahr früher als regulär vorgesehen in den Ruhestand gegangen. Ein Grund dafür ist, dass er seine Frau unterstützen möchte, die ihre Mutter pflegt. Außerdem will Lehnertz künftig mehr seiner Zeit seiner Briefmarken- und Münzensammlung widmen, seine Töchter besuchen, von denen eine am Chiemsee lebt, sowie sich um Haus und Garten kümmern. Sein Abschiedsgeschenk von der Polizei, eine Finanzspritze für einen neuen Schreibtisch zu Hause, hat Lehnertz - immer noch Freund und Helfer - bei seiner Abschiedsfeier kurz nach der Flugkatastrophe in Asien für die Tsunami-Opfer gespendet. Lehnertz Nachfolgerin ist die Wittlicherin Karin Beerbohm.

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