Wieder einen Schritt voraus: Winzer Rudolf Trossen erzeugt "natural wines"

Kinheim · Winzer Rudolf Trossen ist der Pionier des ökologischen Weinbaus an der Mosel. Nun geht er wieder als Erster voran. Trossen füllt einen Teil seiner Weine ohne irgendwelche Zusätze und ohne Filtration ab. Auch auf Schwefel verzichtet er. Solche "natural wines" sind heute in der experimentierfreudigen Top-Gastronomie gefragt.

 Winzer Rudolf Trossen aus Kinheim bietet bereits die Hälfte seiner Erzeugnisse als „natural wine“ an. TV-Fotos (2): Winfried Simon

Winzer Rudolf Trossen aus Kinheim bietet bereits die Hälfte seiner Erzeugnisse als „natural wine“ an. TV-Fotos (2): Winfried Simon

Foto: Winfried Simon (sim) ("TV-Upload Simon"

Kinheim. Die moderne Kellerwirtschaft gibt ein klares Ziel vor: Wein, der in die Flasche kommt, muss rein und sauber sein. Most und Wein werden daher "behandelt" - unter anderem mit Reinzuchthefen für eine problemlose Gärung, mit Kalk zum Entsäuern, mit "Schönungsmitteln" zur Entfernung von Metallen und Eiweißen. Die Weine werden filtriert und geschwefelt, um den Wein "stabil zu halten".
Natural wines oder vins naturels (zu Deutsch etwa: naturbelassene Weine) kommen ganz ohne kellertechnische Behandlung aus. Sie werden nicht entsäuert, nicht geschwefelt und nicht filtriert. Sie bleiben nach der Gärung in der Regel im Fass lange auf der Hefe liegen und werden daher erst spät gefüllt.
Ein Moselwinzer hat bereits Erfahrung mit solchen Weinen. Rudolf Trossen aus Kinheim, der vor 37 Jahren als erster Moselwinzer seinen Betrieb auf ökologische Bewirtschaftung umstellte, nennt diese Weinlinie "Purus". Etwa die Hälfte der Gewächse, die er in seinem 2,4-Hektar großen Weingut erzeugt, sind Purus-, sprich naturbelassene
Weine. Sie schmecken naturgemäß völlig anders - man könnte sagen intensiver, rauer, kräftiger und urwüchsiger. Trossen sagt: "Wir lassen diese Weine sehr lange auf der Hefe liegen und warten ab, bis alle biologischen Prozesse ausgeklungen sind. Die Weine werden in Sektflaschen gefüllt und mit einem Kronkorken verschlossen, um die natürliche Kohlensäure zu erhalten. So vor einer vorzeitigen Oxidation geschützt, können die Weine auch recht lange gelagert werden."
Den Anstoß, naturbelassene Weine zu produzieren, erhielt er in Dänemark. Trossen beliefert in Kopenhagen das mit zwei Michelin-Sternen ausgezeichnete Spitzenrestaurant Noma. 2014 wurde das Noma zum besten Restaurant der Welt gewählt.
Das Noma zeichnet sich durch eine regional bezogene und experimentierfreudige Küche aus. Die Sommeliers (Weinkellner) sind stets auf der Suche nach nicht austauschbaren, individuellen Weinen mit ganz eigenem Charakter. Das Noma bietet zu vielen Speisen natural wines an. Rudi Trossen griff die Idee begeistert auf und so entstand seine "Purus"-Linie.
Erfahrung und Mut


Orangeweine, natural wines - gibt es da Unterschiede? Trossen erklärt: "Beides sind in der Regel ökologisch erzeugte Weine. Bei den Orangeweinen werden die Weißweintrauben mit den Beerenschalen vergoren. Dadurch gelangen mehr Tannine (Gerbstoffe) und Farbstoffe in den Wein."
Orangeweine haben ihren Namen von der leicht dunkleren orangenen Färbung, die die Weine während der Kontaktzeit mit der Beerenhaut erhalten.
Als natural wines, wie Trossen sie herstellt, werden häufig Weine bezeichnet, die ohne Zusätze und ohne aufwendige Kellertechnik produziert wurden. Sie werden auch nicht geschwefelt, höchstens ganz minimal kurz vor der Füllung.
Auf den ersten Blick scheint die Herstellung von naturbelassenen Weinen oder Orangeweinen ganz simpel zu sein. Der Winzer lässt den Most einfach gären, macht danach nichts und lässt dem Wein die Zeit sich zu entwickeln. Doch es braucht viel Erfahrung und Mut. Trossen: "Ich kontrolliere während und nach der Gärung die Weine täglich, rieche und probiere sehr kritisch. Der Wein soll ja nicht abgestanden oder nach Essig schmecken." sim

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