Wildkatzenzaun hat das Zeug zum Exportschlager

Der Wildkatzenzaun, der speziell für den Bau der A 60 entwickelt wurde, ist nicht nur äußerst wirksam, er könnte sich auch zum Exportschlager werden. Die Studie zum Zaun stieß auf einem internationalen Kongress auf großes Interesse.

Wittlich/Spangdahlem. Die Autobahn A 60 führt durch das wichtigste Verbreitungsgebiet der Wildkatze in Mitteleuropa (siehe Extra). Von daher war das Aufstellen eines Wildkatzenzauns beim Bau des Abschnitts Wittlich-Spangdahlem Pflicht. Der Zaun, der die Katze davon abhalten soll, in den für sie tödlichen Straßenverkehr zu laufen, musste jedoch erst für diese Straße entwickelt werden, denn über herkömmliche Wildschutzzäune klettert das Tier locker drüber, oder gräbt sich drunter durch. Der kleinmaschige Katzenzaun erhielt also einen Überkletterschutz, der die Form eines kleinen Vordachs hat. Ergänzt wurde er durch ein 30 Zentimeter tief in die Erde gehenden Untergrabungsschutz.

Vier Diplomarbeiten bei Studie an A 60 entstanden

Um zu sehen, wie gut der Zaun wirkt, gab der Landesbetrieb Mobilität auch gleich eine Studie in Auftrag. Die erstellte der Wildkatzen-Experte Dr. Mathias Herrmann vom Planungsbüro Öko-Log zusammen mit einigen Helfern. Vier Diplomarbeiten entstanden dabei.

Das Ergebnis ist eindeutig: Der Katzenzaun wirkt gut. Wo er aufgestellt wurde, kommen nur wenige Katzen zu Tode (ein Tier alle zehn Kilometer im Jahr). Die Population kann diese Verluste verkraften. An den Straßenabschnitten ohne Katzenzaun hingegen werden fünf Mal so viele Tiere überfahren. Das bedeutet: Ohne Einwanderung sterben die Wildkatzen in diesem Bereich aus.

Herrmanns Studie zeigt jedoch auch, dass der Zaun allein keinen Sinn hat. Denn die für Katzen fast unüberwindliche Barriere verhindert auch genetischen Austausch innerhalb der Population. Und der ist für das dauerhafte Überleben der Art notwendig.

Der Biologe fordert deshalb alle etwa 1,5 Kilometer eine Möglichkeit für die Tiere, die Straße zu über- oder zu unterqueren. Für die Straßenbauer bedeutet das: Grünbrücken für die Tiere oder Straßenbrücken statt Dämme.

Doch Herrmanns Studie gibt nicht nur den deutschen Straßenbauern praktische Hilfen an die Hand. Auch auf einem internationalen Katzen-Kongress in Oxford fand die Untersuchung große Beachtung. Herrmann schaffte mit seiner Präsentation das, was sonst nur etablierten Professoren gelingt: Er bekam einen der 20 Hauptvorträge, und das bei 170 Beiträgen insgesamt. Herrmanns Erklärung: "Ich habe im Gegensatz zu den anderen gezeigt, wie man die Tiere vor dem Verkehr schützen kann und nicht nur, wie viele überfahren wurden." Konkret interessierte sich eine japanische Professorin für das Projekt. Sie erforscht eine bedrohte Katzenart, die einzig auf der japanischen Insel Iriomotejima vorkommt und die denselben Feind hat wie die Europäische Wildkatze: den Straßenverkehr.

Deutscher Zaun auf japanischer Insel? Das könnte ein positives Beispiel der Globalisierung werden. EXTRA Besondere Verantwortung: Die Europäische Wildkatze war ursprünglich in ganz Mitteleuropa verbreitet. Um 1900 wurde sie zusammen mit Wolf, Bär und Luchs fast ausgerottet. Nur zwei Populationen in Deutschland haben diese Ausrottung überstanden: die in Rheinland-Pfalz und im Harz. Das rheinland-pfälzische Vorkommen ist etwas Besonderes, und das aus zwei Gründen: Das geschützte Tier hat dort mit maximal geschätzten 3000 Exemplaren sein größtes Vorkommen in Mitteleuropa. Die Eifelkatze hat sich dort außerdem noch am wenigsten mit der Hauskatze vermischt und so die größte genetische Distanz zum Haustier behalten. Für den Wildkatzen-Experten Mathias Herrmann ist deshalb klar: "Rheinland-Pfalz trägt eine besondere Verantwortung zur Erhaltung dieser Art." Anfänglich wurde der Wildkatzenzaun, der den Verkehrstod des Wildtiers verhindern soll, nur an der A 60 errichtet. Für 29 Kilometer Zaun zwischen Wittlich und Spangdahlem wurden 1,5 Millionen Euro investiert. An der A 1, wo die Katze ebenso vorkommt, ist er zwischen Wittlich und Salmtal geplant, weil dort eine Grünbrücke gebaut wird. Herrmann hält eine Zaun-Nachrüstung an der A 1 für notwendig. Das Problem: Beim A 1-Bau waren Schutzvorrichtungen wie der Zaun noch keine Pflicht. Von daher fehlt dafür das Geld.

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