"Wir haben Energie, wir werden gebraucht"

WITTLICH. Gut gelaunt verbreitete der Präsident des Deutschen Bauernverbands (DBV), Gerd Sonnleitner, Aufbruchstimmung in Wittlich. Rund 200 Bauern informierten sich bei der Mitgliederversammlung des Kreisbauernverbands über "Herausforderungen der Landwirtschaft zwischen Globalisierung und Regionalisierung" – so der Titel von Sonnleitners Rede, die einen Streifzug durch aktuelle Themen der Agrarpolitik bot.

"Es ist das erste Mal, dass wir den Bauernpräsident zu Gast haben. Und Sie können mir glauben: Das ist nicht leicht gewesen", sagte Kreisbauernverbands-Vorsitzender Manfred Zelder vor 200 Landwirten bei der Jahresversammlung in Wittlich. Prominenz war mit den Bundestagsabgeordneten Edmund Geisen und Peter Bleser, der Europaabgeordneten Christa Klaß und Landfrauenverbands-Vorsitzenden Edith Baumgart sowie zahlreichen Kommunalpolitikern vertreten. Aufbruchstimmung und ein neues Selbstbewusstsein war bei den Landwirten spürbar. "Nicht erst als Russland seine Öllieferungen stoppte, wurde klar: Die Landwirtschaft hat Energie. Und: Wir werden gebraucht", sagte Zelder. Für Aufbruchstimmung hat laut DBV-Präsident Gerd Sonnleitner auch der Regierungswechsel in Berlin gesorgt: "Wir hatten ja vorher eine Regierung, da konnte man fast meinen, die wollen uns Bauern stilllegen und als Landschaftsgärtner einsetzen." Sonnleitner hofft, dass mit dem allgemeinen Wohlstand auch das Interesse an guten landwirtschaftlichen Produkten steigt und dafür dann Preise gezahlt werden, die den Bauern wirtschaftliches Arbeiten ermöglichen. Die wichtigsten Themen und Thesen aus Sonnleitners Rede: AGRARREFORM: "Wenn die EU den schrittweisen Ausstieg aus der Agrarmarktstützung beschließt und die Bauern auf den Markt entlässt, brauchen wir auf diesem Weg einen verlässlichen Flankenschutz der Politik. Deshalb muss die Agrarreform bis 2013 ohne finanzielle Abstriche für die Landwirte fortgeführt werden." Bis 2013 bekommen Landwirte Ausgleichszahlungen für die hohen Standards, die sie bei Tier-, Umwelt- und Verbraucherschutz einhalten müssen. FAIRER WETTBEWERB: "Die Politik in Europa muss Ernst machen mit der Angleichung von Standards. Es kann nicht sein, dass beispielsweise im Elsass oder in Luxemburg Pflanzenschutzmittel erlaubt sind, für die die Bauern hierzuland kriminalisiert werden." Deutschland müsse Schluss machen mit nationalen Sonderregelungen, die den Landwirten zusätzliche Kosten bescheren Das gelte auch für die 2005 gestiegene Agrardiesel-Besteuerung. REGIONAL UND GLOBAL: "Es gibt gute kleine und gute große Betriebe - wir brauchen beide." Während Regionalvermarktung (etwa durch die Dachmarke Eifel) und Direktvermarktung vor allem kleineren Betrieben Chancen biete, brauche eine wettbewerbsfähige Landwirtschaft auch Großbetriebe, die auf Massenmärkten bestehen. SAISONARBEITER: "Es ärgert mich, dass die Landwirtschaft dazu missbraucht wird, Langzeitarbeitslose zu disziplinieren. Es kann doch nicht sein, dass Arbeitslose zur Strafe in die Landwirtschaft geschickt werden. Damit ist niemanden geholfen. Wir brauchen leistungsbereite Saisonarbeiter." Derzeit müssen zehn Prozent der Saisonarbeiter von deutschen Arbeitsämtern geschickt werden. MILCHQUOTE: "Es muss unser Ziel sein, die Einkommen der Milcherzeuger zu verbessern. Bis 2015 muss die Quotenregelung genutzt werden, um ein weiteres Absinken der Erzeugererlöse zu verhindern. Die geplante Fusion der Milchunion Hocheifel mit Humana ist ein Schritt in die richtige Richtung. Denn bei Verhandlungen mit den etwa fünf Einkäufern im Einzelhandel dürfen Molkereien nicht gegeneinander ausgespielt werden. Das ist bei starken Molkereien schwieriger als bei schwächeren."

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