Wo 300-Kilo-Katzen aus der Flasche trinken

WITTLICH. (scho) Fasziniert bleiben Passanten auf dem Parkplatz in der Oberstadt stehen: Während Männer mit Presslufthammern die ersten Anker für das große Viermaster-Zelt einschlagen, gönnt Dominic Fischer seinen acht bengalischen Tigern etwas Frischluft. Heute feiert der Zirkus Althoff in Wittlich Premiere.

Neun Stunden Arbeit stehen den Zirkusleuten noch bevor, bis das große Viermaster-Zelt auf dem Parkplatz Oberstadt aufgebaut ist. Doch die ersten potenziellen Gäste finden sich dennoch bereits ein. "Können Sie mal eben auf meine Enkelin aufpassen, ich geh nur schnell den Fotoapparat holen", bittet eine Passantin beim Anblick der acht Tiger im Freigehege. Dominic Fischer muss ablehnen. Europas jüngster Raubtier-Dompteur will mit seinen Tieren noch für die Premiere trainieren, so wie jeden Tag. Doch Verständnis für das Anliegen hat er schon. Schließlich gibt es weltweit nur noch 300 bengalische Tiger. Und so steht wenig später die Frau samt Enkelin und Fotoapparat wieder vor dem Gitter, wo sich weitere Passanten einen Stehplatz gesichert haben, um das ungewöhnliche Treiben in der Oberstadt zu beobachten.Feinstes Rindfleisch zur Belohnung

Der 17-jährige Dompteur dirigiert die Raubtiere mit einem Holzstock durch das Gehege, wofür er sie nur sachte antippen muss. Meist reicht ein Wink. James, eine stattliche 300-Kilo-Katze, räkelt sich auf einem großen Baumstamm. "Den habe ich als Baby mit der Flasche groß gezogen", sagt Dominic. Das war vor fünf Jahren. Es war der erste Tiger, den er im Zirkus der Geschwister René und Patricia Althoff in seine Verantwortung nahm. Weitere folgten. "Wenn sie noch klein sind, schlafen sie bei mir im Wohnwagen", erzählt der junge Dompteur. Vielleicht das Geheimnis, auf dem das Vertrauen der Tiere zu ihrem Trainer beruht. Als Erstes lehrt Dominic die Tiger, auf einem Trapezhocker Platz zu nehmen. "Ich lege ihnen ein Stück leckeres Rindfleisch hin, und wenn sie sich setzen, werden sie nochmal mit einem Fleischstück belohnt", beschreibt er seine Arbeitsweise. Dompteur wollte er schon immer werden. "Als kleiner Junge habe ich beim Training zugeschaut und half beim Füttern." Seine Eltern gehören zur Zirkusfamilie, Dominic ist in der Manege groß geworden. Pausiert der Zirkus im Sommer für zwei Monate in Thüringen, wird ihm die Zeit lang, bis es endlich wieder los geht - nach Amsterdam, Paris, Brüssel oder eben Wittlich. Während seine Schwester auf einem Internat Abitur macht und Tiermedizin studieren will, kam für Dominik nie eine andere Laufbahn in Frage. "Die meisten unserer Kinder sind ganz wild darauf, in der Manege zu stehen", sagt Christoph Busch, Pressesprecher des Unternehmens. So treten fünf Jungen und Mädchen in einer Kosaken-Reiter-Show auf und ein Siebenjähriger präsentiert eine kleine Clown-Einlage. Das Publikum will die Zirkusfamilie mit einem Mix aus Clownerie, Artistik und Tier-Shows - viele Pferde, Ziegen, Schafe, ein Kamel und ein Dromedar - überzeugen. "Leider haben wir in diesem Jahr keine Luft-Akrobatik", sagt Busch. Es sei schwer Artisten zu finden, die in das traditionelle Programm der Althoffs passen. Einer der Höhepunkte der Vorstellung ist natürlich die Tiger-Nummer von Dominik. Zur Krönung füttert er in seiner Show eines der ausgewachsenen Raubtiere mit einem Fläschchen. "Ich habe viel vom Senior-Chef gelernt", sagt Dominic. Der 2002 verstorbene Franz Richard Althoff, gilt als Vorreiter der humanen Tierlehre. Sein Motto war "Viel, viel Liebe, statt Hiebe." Vorstellungen des Zirkus' René und Patricia Althoff sind am Freitag, 3. Februar, und Samstag, 4. Februar, jeweils um 15.30 und 19 Uhr; sowie am Sonntag, 5. Februar, um 11 und 15 Uhr. Karten gibt es an der Zirkuskasse.

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