Woher nehmen, wenn nicht leihen

Mehr Aufgaben von oben, die die Ausgaben erhöhen, wegbrechende Einnahmen und kaum Eigenkapital: Irgendwann bleiben nur noch Schulden. So geht es dem Landkreis. Seine Nettoneuverschuldung für 2010 beträgt 8,8 Millionen Euro. Weitere schlechte Nachricht: Vermutlich wird deshalb die Kreisumlage erhöht.

Bernkastel-Wittlich. Der Kreis ist pleite: Das könne man doch nicht sagen, meinte Günter Rösch (SPD) im Kreistag angesichts der Prognose für das kommende Jahr, dargestellt im Eckwertebeschluss. Er konstatierte allerdings eine "in der Tat schwierige finanzielle Lage". Eine "Herausforderung" sei das aus Sicht der SPD. Seine Fraktion glaube, man könne noch Einsparmöglichkeiten finden, zumal die vorgelegten Eckwerte "vage Angaben" und "wackelige Prognosen" seien. Man werde sich deshalb bei der Abstimmung enthalten.

Die Landrätin nahm das Hilfsangebot an und reagierte: Deshalb werde es eine Sondersitzung des Kreisausschusses geben. Manch ein Kreistagsmitglied stöhnte bei dieser Ankündigung auf. Die Kreis-Chefin bemerkte dazu, immerhin gelte: "Wenn dir das Wasser bis zum Halse steht, lass den Kopf nicht hängen."

Zuvor hatte Beate Läsch-Weber die roten Zahlen selbst kommentiert: Die Situation sei so dramatisch wie in den übrigen Kreisen auf Landesebene: Schon für den noch laufenden Haushalt 2009 habe der Landkreis Liquiditätskredite, also geliehenes Geld, um überhaupt zahlungsfähig zu bleiben, in der Spitze von rund 27,5 Millionen Euro aufnehmen müssen. Auf Landesebene borgten sich die Kreise rund 910 Millionen Euro in Form von Kassenkrediten.

Hinzu gekommen waren in Bernkastel-Wittlich Investitionskredite in einer Gesamtsumme von 57,3 Millionen Euro: "Ein absoluter Höchststand im Landkreis."

Im kommenden Jahr rutsche man laut jetzigem Kenntnisstand im Ergebnishaushalt in ein Minus von 13,4 Millionen Euro, und im Finanzhaushalt fehlten dann, ohne die Abschreibungen, rund 10,2 Millionen Euro. Eine Folge: eine Nettoneuverschuldung von 8,8 Millionen Euro: "Dann liegen wir in der Liga mit weit über 60 Millionen Euro Schulden. Das kann uns nicht erfreuen." Jürgen Jakobs (CDU) kommentierte: "Es ist schlimm, wenn wir, um die Verbindlichkeiten aus den Schulden zu tilgen, wieder Kredite aufnehmen müssen. Das ist schon Insolvenzverschleppung." Für die FDP sagte Dirk Richter, man könne "heilfroh sein, dass die Zinsen zurzeit ziemlich niedrig sind". Hugo Bader (FWG) empfahl, künftig angesichts solcher Beschlussvorlagen vor dem Kreishaus auf Halbmast zu flaggen. Gertrud Weydert (Bündnis 90/Grüne) appellierte für eine vernünftige Gebiets- und Verwaltungsreform.

Denn was ansonsten zu tun sei, wurde ebenfalls deutlich: Wichtige Einnahmequelle ist die Kreisumlage. Sie muss voraussichtlich erhöht werden. Für die Bilanz der roten Zahlen wurde mehrfach das Land mitverantwortlich gemacht, wobei dessen Investitionen am Nürburgring als Reizthema herhielten.

Generell seien die gesetzlichen Pflichtaufgaben in den Bereichen Jugend, Familie, Soziales einschließlich Eingliederungshilfe Grund dafür, dass es "dem Landkreis seit dem Jahr 2003 nicht mehr möglich ist, ein ausgeglichenes Ergebnis zu erreichen." Dort sei der Zuschussbedarf von 26,4 Millionen Euro in 2002 auf mittlerweile 44,6 Millionen Euro angestiegen. Und eben damit hätten die Einnahmen nicht Schritt halten können, sie seien gesunken. Die "Schere geht weiter auseinander", so Beate Läsch-Weber. Die Eckwerte wurden mit 21 Ja-Stimmen und zwölf Enthaltungen beschlossen.

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