Wortakrobaten erobern die Doctorstadt: Poetry Slam in Bernkastel-Kues

Bernkastel-Kues · Bis vor einigen Tagen dürfte Poetry Slam nur wenigen in Bernkastel-Kues ein Begriff gewesen sein. Das hat sich seit Donnerstag geändert. Das Jugendparlament und die Moselbühne haben sechs Wortakrobaten eingeladen, und die haben ihre Zuhörer erst verblüfft und dann verzückt.

 Wie man gute Texte für einen Poetry Slam schreibt, erklärt der „Schriftstehler“ Armin Sengbusch erst im Workshop. Auf der Sommerbühne beweist er, wie gut seine eigenen Texte sind. TV-Foto: Manuel Lauterborn

Wie man gute Texte für einen Poetry Slam schreibt, erklärt der „Schriftstehler“ Armin Sengbusch erst im Workshop. Auf der Sommerbühne beweist er, wie gut seine eigenen Texte sind. TV-Foto: Manuel Lauterborn

Bernkastel-Kues. Kurz vor 14 Uhr kommt der Poetry Slam in Bernkastel-Kues an. Er trägt Dreitagebart, eine schwarze Wollmütze, Turnschuhe und einen Kapuzenpulli - Aufschrift: "Lies Bücher, nicht Pullover". Der Hamburger Armin Sengbusch sitzt im Jugendkulturzentrum (JuKuZ) und erklärt. Nicolas, Bao Tran, Jana und Jenny hören zu. "Poetry Slam heißt: Fünf Minuten. Deine Bühne. Dein Text. Egal ob lustig oder ernst. Alles geht." Die vier auf der Couch nicken. Zwischendurch ein verlegenes Kichern. Noch wirken sie nicht überzeugt.
Der Poetry Slam (siehe Extra) ist neu in Bernkastel-Kues. Und er erobert die Stadt auch nicht im Sturm, sondern in kleinen Schritten. "Wir wollen einfach mal ausprobieren, ob ein Poetry Slam nicht auch hier klappt", sagt Christian Sopp, Vorsitzender des Jugendparlaments der VG Bernkastel-Kues. Also kontaktierte er zusammen mit Jugendpfleger Guido Moll seinen JuPa-Kollegen Peter Stablo vom Kulturraum Trier. Der hat schon Erfahrungen mit Poetry Slams und war direkt mit von der Partie. "Dann haben wir uns gedacht, die Sommerbühne wäre doch eine super Sache", erklärt Jugendpfleger Moll, "dann bringen wir die Slammer einfach zum Publikum."
Tina Wilhelmus, Organisatorin der Sommerbühne (siehe Extra), zeigte sich ebenfalls begeistert, und so war klar: Es gibt den Bernkastel-Kueser Poetry Slam und als Zugabe noch einen Workshop im JuKuZ.
In genau diesem Workshop hat Sengbusch die Jugendlichen mittlerweile überzeugt. Die tragen sogar erste Texte zum Thema Schuh vor: Es geht um Sandalen, Fußballschuhe und darum, warum Schuhe bewegen. "Das Wichtigste ist, dass ihr an eure Texte glaubt, dann werden sie gut. Ein mittelmäßiger Text gut vorgetragen: super. Ein guter Text schlecht vorgetragen: könnt ihr vergessen. Also seid einfach selbstbewusst." Die vier nicken. Diesmal ohne verlegenes Kichern sondern mit funkelnden Augen.
Zwei Stunden später folgt der nächste Schritt vor mehreren Hundert Zuhörern am Bernkasteler Doppelkreuz. Ob jeder weiß, was jetzt kommt? Egal. Als die sechs Slammer loslegen, erklärt sich alles von selbst. Es folgen lustige Texte über einen Rollentausch zwischen Student und Opa und ernste Gedanken über den Wert der Schönheit. Nach jedem Vortrag großer Applaus. Aus den Trippelschritten ist ein Sprung geworden.
Peter Caspers aus Ürzig ist begeistert: "Ich bin extra für den Poetry Slam gekommen. Diese Art mit den Texten zu spielen finde ich klasse." Die Konzer Beate Zimmer-Hurth und ihr Mann Friedhelm sind zufällig in den Poetry Slam hineingeraten. "Ich habe gedacht, das wäre mehr in Gedichtform. Aber gerade die lustigen Texte haben mir gut gefallen", erzählt Beate.Extra

Poetry Slam wird sinngemäß mit Dichterwettstreit übersetzt. Die Teilnehmer treten mit selbst geschriebenen Texten gegeneinander an. Sie müssen diese Texte innerhalb einer bestimmten Zeit vortragen. Ob die Texte ernst oder lustig, gereimt oder nicht gereimt sind, ist egal. Wichtig ist aber, sie mit Mimik und Gestik zu inszenieren, also zum Beispiel zu flüstern, zu schreien, zu nuscheln oder dazu zu tanzen. Am Ende kürt das Publikum mit seinem Applaus den besten Vortrag zum Sieger des Poetry Slams. mal
Sommerbühne: Sie wird bereits im dritten Sommer bespielt - immer donnerstags auf unterschiedlichen Plätzen in Bernkastel-Kues. Meist spielen zwei Bands, umliegende Lokale sorgen für das leibliche Wohl der Besucher. Für auswärtige Gäste wird ein Shuttle-Service eingerichtet. Organisatorin Tina Wilhelmus schätzt, dass bisher etwa 18 000 Zuschauer vor Ort waren. Die Stadt unterstützt das Spektakel mit 10 000 Euro. Außerdem gibt es Sponsoren. Im Sommer gehört die Sommerbühne für viele Einheimische zum Pflichtprogramm. cbExtra

Wir stellen die sechs Poetry Slammer, die am Donnerstag am Bernkasteler Doppelkreuz beim ersten Poetry Slam dabei waren, noch einmal vor. Außerdem haben wir sie gefragt, welche Geschichte sie uns zum Begriff 'Moselochse' erzählen können. Um mehr über die Slammer und ihre Geschichten zu erfahren, fahren Sie mit Ihrer Computermaus einfach über die unten angezeigte Grafik. Dabei erscheinen dann jeweils ein 'i-button', der mehr über die Slammer verrät und ein 'play-button', mit dem Sie sich die Geschichte anhören können."

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