Zusammenarbeit per Dekret? - Ohne uns!

Das Landesentwicklungsprogramm (LEP) IV betrachten viele Kommunen als Eingriff in ihre Selbstverwaltung. Vor allem das Kooperationsgebot, das vorschreibt, dass Mittelzentren zusammenarbeiten müssen, stößt auf heftige Kritik. Zwar gab es nach zahlreichen Eingaben einige Änderungen, doch eine Reihe von Mittelzentren, unter anderem Bernkastel-Kues und Traben-Trarbach, sind weiterhin zur Kooperation verpflichtet.

Traben-Trarbach/Bernkastel-Kues. Muss demnächst der Stadtrat Bernkastel-Kues einer Gewerbeansiedlung in Traben-Trarbach zustimmen, bevor sie verwirklicht werden kann? Und muss umgekehrt der Traben-Trarbacher Stadtrat erst sein Plazet für ein entsprechendes Vorhaben in der anderen Mittelmosel-Metropole geben? So sieht es aus, denn die Kooperationsverpflichtung beider Kommunen besteht auch nach den neuesten Zielvorgaben des LEP IV weiterhin. Für die beiden Stadtoberhäupter Wolfgang Port (Bernkastel-Kues) und Heide Pönnighaus (Traben-Trarbach) ist dies nicht hinnehmbar. Vor allem Port schimpft gegen die Landesregierung. Port: "Das können wir nicht hinnehmen. Das ist eine Art Freiheitsberaubung." Heide Pönnighaus meint: "Wir wollen selbstverständlich ein eigenes Mittelzentrum bleiben." Port will das Thema auf die Tagesordnung der nächsten Stadtratssitzung setzen und über eine Resolution abstimmen lassen. Auch in Traben-Trarbach wird sich aller Voraussicht nach das Stadtparlament mit dem LEP IV noch einmal befassen. Bereits im Mai beziehungsweise Juni vergangenen Jahres hatten beide Stadträte den LEP IV scharf kritisiert. Doch damals hoffte man noch, Änderungen durchsetzen zu können. Tatsächlich wurden die Zielvorgaben des LEP IV um die Hälfte reduziert, doch die verpflichtende Zusammenarbeit zwischen Bernkastel-Kues und Traben-Trarbach ist geblieben. Gleiches gilt unter anderem für Bitburg und Neuerburg sowie Cochem und Zell. Ulrich K. Weisgerber, Bürgermeister der VG Traben-Trarbach, sieht daher das Ganze als "landesweites Problem", um das sich die Opposition im Landtag, aber auch der Gemeinde- und Städtebund kümmern müssten. Selbstverständlich, so Weisgerber, sei Traben-Trarbach daran interessiert, den Status Mittelzentrum zu behalten. Um aber eine endgültige Bewertung abgeben zu können, müsse er die neuesten Vorgaben des LEP IV noch genau studieren. Weisgerber: "Erst lesen, dann lösen."Das Mainzer Innenministerium bleibt bei seiner Auffassung. Eine Aufteilung des Mittelbereichs Bernkastel-Kues/Traben-Trarbach in zwei eigenständige Mittelbereiche werde allein aufgrund der geringen Bevölkerungszahl und der damit verbundenen "Gefährdung der wirtschaftlichen Tragfähigkeit von Einrichtungen und Dienstleistungen keine Lösung darstellen", so Gerd Rojahn von der Abteilung Raumordnung und Landesplanung im Mainzer Innenministerium gegenüber dem TV. Demnach sollen auch schwächere Zentren in Ergänzung zu stärkeren Nachbarzentren dauerhaft wichtige Versorgungsaufgaben wahrnehmen können. Das Mittelzentrum Bernkastel-Kues verfüge über eine gute Ausstattung der Daseinsvorsorge, während Traben-Trarbach über ein schwächeres Ausstattungsniveau verfüge. Rojahn macht aber auch deutlich: "Die Umsetzung nach Form und Inhalt von solchen Kooperationen liegt in der Planungshoheit der betroffenen Gemeinden. Direkte Sanktionen bei Nichtbeachtung dieses Gebots formuliert das Landesentwicklungsprogramm nicht."Wie ist Ihre Meinung zum Thema? Schreiben Sie uns. Ihre Zuschrift sollte maximal 30 Zeilen à 30 Anschläge lang sein und bis heute, 14 Uhr, vorliegen. Fax: 0651/7199439; E-Mail: mosel@volksfreund.deMeinung Kopfgeburten Gibt's demnächst ein Geschacher zwischen Bernkastel-Kues und Traben-Trarbach unter dem Motto "Ihr bekommt eine schöne Halle, dafür die anderen einen Verbrauchermarkt?" So könnte es kommen, wenn beide Städte, noch eigenständige Mittelzentren, zur Kooperation verpflichtet werden. Traben-Trarbach und Bernkastel-Kues liegen 24 Kilometer auseinander -- viel zu weit für die Wahrnehmung gemeinsamer infrastruktureller Aufgaben. Es sei denn, man baut ein Tunnel. Nur fünf Kilometer weit müsste man durch den Berg graben, um die Orte zu verbinden. Ein Hirngespinst? Sicher. Aber nicht unsinniger als die aktuellen Mainzer Pläne. w.simon@volksfreund.de

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