...die Herzen der stolzesten Frau’n

WITTLICH. Ein bisschen feuchte Augen, ein bisschen Seemannsgarn und viel Freude bescherte das Weimarer Salonorchester mit seiner Heinz-Rühmann-Revue.

"Mir geht's gut, ich bin froh, und ich sag dir auch wieso...". Mit diesen Klängen begann die große Heinz-Rühmann-Revue just an dem Abend, an dem ein paar tausend Musikfans nach Trier gefahren waren, um André Rieu zu hören. Doch die 120 Gäste in der Synagoge bereuten es nicht, die Wittlicher Veranstaltung vorgezogen zu haben. Das siebenköpfige Salonorchester Weimar schaffte es im Handumdrehen, seine gute Laune auf die Zuhörer zu übertragen. Die hochkarätigen Musiker des Salonorchesters verzichteten auf die dunkel geschminkten Lippen und Augen, die bei 20er- und 30er-Jahre-Revuen oft üblich sind. Sie beließen es beim Frack, bei weißer Fliege und Brillantine im Haar, die Dame an der ersten Geige im tief dekolletierten, schimmernden, langen Schwarzen. Die fantastische Akustik der Synagoge tat ein Übriges dazu, dass Gestalten wie Charly's Tante, die flotte Therese aus Hamburg-Blankenese, der bezaubernde Bel Ami oder der kauzige Lehrer aus der Feuerzangenbowle Auferstehung feiern durften: "Nun lachen Se doch nicht so lächerlich!" Auch Frauenfreund Hans Albers war mit im Boot, auf schwankenden Planken, gemimt durch Geräusche der stürmischen See und von rechts nach links wehenden Schwalbenschwänzen. "Jawoll, Herr Kapitän, jawoll, die Welt ist schön!" Nebenbei lernte man so allerlei: Dass Rühmann ein unverbesserlicher Hundenarr gewesen ist, dass er nur ein einziges Mal in Hollywood war, 1962 zu den Dreharbeiten zum "Narrenschiff", und dass seine Witwe Hertha nach einer Rühmann-Revue zu Frontman Boris Raderschatt gesagt hat: "Aber eines können Sie nicht: Sie können nicht so falsch singen wie mein Mann." Andere Gemeinsamkeiten glaubt der darum um so mehr mit Heinz Rühmann zu entdecken: "Ich bin so leidenschaftlich wie Casanova, ich bin so leidenschaftlich wie Don Juan..." Als Raderschatt die Herzen der stolzesten Fraun brach, tat er dies mit einer darstellerischen Inbrunst, die Rühmann gefallen hätte. Ein bisschen feuchte Augen waren auch Bestandteil des Programms: Mit dem "Lalelu" aus "Wenn der Vater mit dem Sohne" hat Rühmann den Deutschen das vielleicht schönste und friedlichste Schlaflied geschenkt. Zu einer Stippvisite schaute der uneheliche Stiefbruder von Frank Sinatra alias Pianist Clemens Rynkowski vorbei, theatralisch begleitet von Klaus Wegener am Saxophon. Leben können sie nicht von ihren Auftritten als Salonorchester, dessen einfallsreiche Arrangements gleich drei Musiker aus den eigenen Reihen selbst schreiben, aber Spaß haben sie dabei. "Man hat allerdings auch nicht jeden Tag ein so tolles Publikum wie heute hier", schmeichelte mit geschürzten Lippen nach zahlreichen Zugaben Boris Raderschatt, der mit der gesamten Mannschaft im Foyer zum Autogramme schreiben antrat. Und die gingen weg wie warme Semmeln.

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