Abgelaufene Schuhe, schlagende Organisten

Himmerod. (gkl) Die Orgel ist ein Instrument, das viele Menschen begeistert und fasziniert. Wie aber funktioniert eigentlich die "Königin der Instrumente", was macht ihren besonderen Reiz aus? Fragen, die sich wohl schon viele gestellt haben, wenn sie in einer Kirche ihren Blick bewundernd nach oben zur Empore gerichtet haben.

Im Rahmen der Himmeroder Woche wollte der Kustos der Orgel in der Abteikirche, Wolfgang Valerius, für Jung und Alt, Urlaubsgäste und Daheimgebliebene die Möglichkeit geben, auf einige dieser Fragen endlich einmal eine Antwort zu bekommen. Zusammen mit seiner Frau, der Trierer Kirchenmusikerin Jutta Thommes, veranstaltete er ein Konzert, in dem das Publikum die große Klaisorgel erläutert bekam. Humorvolle, manchmal etwas hintergründig, ging Valerius zunächst auf die Geschichte der Orgel ein, was bei manchem der zahlreichen Besucher schon ein wenig Erstaunen hervorrief. So etwa, als Valerius erklärte, dass dieses so durch und durch christliche Instrument eine höchst unchristliche Vergangenheit hat und bei den Römern im Zirkus gespielt wurde, während die verfolgten Christen zu den wilden Tieren in die Arena mussten. Auch weiß das Publikum jetzt, woran es in einer Gruppe von Musikern einen Organisten erkennen kann. Es sind die alten, abgelaufenen Schuhe, durch den sich die Kirchenmusiker outen. "Schuhe haben für den Organisten wegen des Pedalspiels eine besondere Bedeutung", erläuterte Valerius. Wenn dann endlich ein bequemes Paar gefunden ist, wird es bis zum allerletzen Moment, sprich, bis zum Auseinanderfallen, getragen. An vielen Beispielen zeigten Thommes und Valerius, welche klangliche Vielfalt in einer Orgel steckt, warum es so viele unterschiedliche Register gibt und was man sich unter einer "Rohrflöte", einem "Prinzipal" oder einer "Vox Humana" vorzustellen hat. Auch einem Hörtest konnten sich die Besucher unterziehen. Während der tiefste mögliche Ton der Himmeroder Orgel majestätisch und deutlich vernehmbar durch die Kirche brummte, wurde es beim höchsten Ton, dessen Frequenz sehr nahe der Hörgrenze liegt, für manchen schon schwierig, ihn noch wahrzunehmen. Auch auf musikalische Bezeichnungen aus der Orgelmusik ging Valerius ein. So erfuhr man, dass bei den ganz frühen Orgeln die Tasten so breit waren, dass man sie mit der Faust schlagen musste. Daraus entstand der bis heute gebräuliche Name "Toccata" für manche Orgelwerke, was sich vom lateinischen "toccare", gleich "schlagen" ableitet. Hier konnte Valerius auf eine Stilblüte hinweisen, die diese Bezeichnung mit sich brachte. Konnte man auf einem Grabstein in Österreich doch lesen: "Hier ruht Sebastian Krug, der Kinder, Frau und Orgel schlug." Garniert war diese Lehrstunde über die Orgel natürlich mit etlichen Orgelwerken, deren Ausführung durch Thommes und Valerius vom Publikum mit viel Applaus bedacht wurde.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort