Gesucht und gefunden

Eine Ausstellung mit Werken des Buch-Illustrators Norman Hothum wurde im Museum "Alte Mühle" der Abtei Himmerod eröffnet. Nach historischen Vorbildern hat der Künstler den Roman "Yolanda" von Waltraud Riehm illustriert.

 Sie nahmen ihre Gäste mit auf eine Reise in die Zeit von Yolanda (von links): Christine Glässl, Robert Sägesser und Kathrin Saterdag vom Ensemble „Les Trouvères fous“, Abt Bruno Fromme, Guy Berg, Norman Hothum und Gilbert Haufs-Brusberg vor einer Yolanda-Reproduktion. TV-Foto: Werner Klein

Sie nahmen ihre Gäste mit auf eine Reise in die Zeit von Yolanda (von links): Christine Glässl, Robert Sägesser und Kathrin Saterdag vom Ensemble „Les Trouvères fous“, Abt Bruno Fromme, Guy Berg, Norman Hothum und Gilbert Haufs-Brusberg vor einer Yolanda-Reproduktion. TV-Foto: Werner Klein

Großlittgen. Abt Bruno Fromme begrüßte herzlich rund 70 Gäste zur Vernissage im Museum "Alte Mühle". Besonders erfreut zeigte er sich, den Sprachwissenschaftler Guy Berg vom "Institut Grand-Ducal" Luxemburg, Gilbert Haufs- Brusberg von Schloss Veldenz, das Ensemble "Les Trouvères fous" und Buch-Illustrator Norman Hothum begrüßen zu können. An Hothum gerichtet sagte der Abt: "Es gibt keine bessere Empfehlung als ihre Arbeit heute hier erleben zu können."In dem historischen Roman wird die Lebens- und Leidensgeschichte der Yolanda von Vianden (1231-1283) geschildert. Yolanda, die Grafentochter von Vianden, verschmäht die Gunst eines Grafen. Sie möchte Ordensfrau werden. Es kommt zu einem Mutter-Tochter-Konflikt. Den geschichtlichen Hintergrund des Yolanda-Epos erläuterte Gilbert Haufs-Brusberg in seinem Vortrag. Er führte die Gäste im Zeitraffer in die Zeit des Mittelalters ein - die Zeit des 13. Jahrhunderts und die Yolandas.6000 Reimverse in moselfränkischem Dialekt

Hermann von Veldenz, Verfasser des Yolanda-Epos und dichtender Dominikaner-Mönch, ist zu jener Zeit Gast der Viandener Grafenfamilie auf der Hofburg. Seine fast 6000 Reimverse in westmoselfränkischem Dialekt bilden die Grundlage für den Roman. Welche sprachwissenschaftliche Bedeutung dieser Kodex hat, erklärt Guy Berg: "Dieses Epos unterscheidet sich in zweifacher Hinsicht von allen Werken der hoch- und spätmittelalterlichen Literatur. Zum einen hat sich Hermann von Veldenz für einen moselfränkischen Schreibdialekt entschieden. Zum anderen beschränkt er sich auf reale Orte und Personen aus erlebtem, bekanntem Umfeld. So entsteht ein frühes Sitten- und Kulturgemälde aus dem Großraum Luxemburg. Das Westmoselfränkische verharrte zu jener Zeit in der Schriftlosigkeit. Es war weder eine Urkunden- noch eine Dichtersprache." Dieser Umstand erklärt den unschätzbaren Wert des Textes für die Sprachgeschichtsforschung. Es ist der einzige Großtext in moselfränkischem Schreibdialekt aus mittelhochdeutscher Zeit. In den folgenden Jahrhunderten wird der Kodex immer wieder erwähnt, gilt aber im 18. Jahrhundert als verschollen. 1931 taucht er zwar wieder auf, doch seiner Bedeutung ist sich kaum jemand bewusst. Der Kodex gerät wieder in Vergessenheit. Im Herbst 1997 beschäftigt sich Guy Berg mit dem Yolanda-Thema. Er machte sich zunächst auf die Suche ins Staatsarchiv Luxemburg. Doch die Recherche blieb ohne Erfolg. Dann trieb es ihn auf die mittelalterliche Ansemburg. Kiste für Kiste, Schrank für Schrank wurden durchsucht.Der Fund: ein verstaubter Lederband im Rittersaal

Am Abend des 6. November 1999, einem Samstag, steht der letzte Schrank vor Guy Berg im kalten Rittersaal. Er durchsucht ihn mit eiskalten Händen und findet darin einen dicken, verstaubten "Lederschinken". Berg schlägt ihn auf, ist von der präzisen, sauberen Schrift fasziniert. Sein Blick fällt auf eine hübsche Initiale. Er beginnt zu lesen: "It was in dutschen landen ein greve zu Vianden."Auf die Frage, was er in diesem Augenblick fühlte, sagt Guy Berg: "Es hat mich im wahrsten Sinne des Wortes einfach umgehauen."Hätte der dichtende Mönch einen Illustrator für sein Epos beauftragt, müsste er vom Schlag eines Norman Hothums gewesen sein. Drei Jahre lang beschäftigte er sich mit Planung, Entwürfen und Probeskizzen für seine Illustrationen zum Roman von Waltraud Riehm. Für die handwerkliche Ausführung im Stil mittelalterlicher Buchmalerei benötigte Hothum sieben Monate bei einem täglichen Einsatz von fünf bis acht Stunden. Arbeitsmaterial, Farben, Tinten, Mal- und Zeichengeräte sind denen des Mittelalters nachempfunden. Die Originalillustrationen sind bis zum 2. September im Museum "Alte Mühle" in Himmerod zu sehen. Erklärende Texttafeln sind neben den Illus trationen angebracht. 15 Reproduktionen sind im Yolanda-Roman abgedruckt. Wer dem Buchmaler und Kalligraphen Norman Hothum bei seiner Arbeit über die Schulter schauen will, hat dazu die Möglichkeit (siehe Programm). Das Ensemble "Les Trouvères fous" vertonte bei der Eröffnung der Ausstellung Textauszüge aus dem Leben der Yolanda und führte die Gäste in die mittelalterliche Musik ein. Programm zur Ausstellung Samstag, 11. August und 1. September, jeweils 19 Uhr: Lesung mit szenischen Darstellungen, Waltraud Riehm liest aus ihrem neuen Roman "Yolanda". Mittwoch, 15. August, 19 Uhr: Das Ensemble "Les Trouvères fous" vertont in seinem Konzert Textpassagen aus dem Yolanda-Epos. Samstag und Sonntag, 18. und 19. August: Normann Hothum führt während der Öffnungszeiten des Museums Techniken der mittelalterlichen Buchherstellung vor. (wk)

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort