Greifbare, unnahbare Schönheit

HIMMEROD. Die Tage werden länger, die Temperaturen steigen und die großen kirchlichen Feste sind vorbei. An der Mosel und in der Eifel bedeutet das: Die Konzertsaison beginnt wieder. Während etwa die Veranstalter der Mosel Festwochen noch vor ihrem Auftakt stehen, startete die vom TV präsentierte Reihe "Musik im Kloster" in der Zisterzienserabtei Himmerod schon erfolgreich.

 Der Trierer Bachchor gestaltet den erfolgreichen Start der neuen Konzertserie in der Abtei Himmerod.Foto: Gerhard W. Kluth

Der Trierer Bachchor gestaltet den erfolgreichen Start der neuen Konzertserie in der Abtei Himmerod.Foto: Gerhard W. Kluth

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Die Himmeroder Konzerte sind beim Publikum beliebt, wie die vergangenen Jahre gezeigt haben. Das aber ist für Wolfgang Valerius kein Grund, sich zurückzulehnen und sich darauf zu verlassen, dass der Erfolg sich von alleine einstellt. Für die diesjährige Premiere ging er auf Nummer sicher und lud den Trierer Bachchor unter der Leitung von Martin Bambauer in die Eifel ein. Über Bambauer als Organist und auch als Chorleiter war schon viel zu lesen. Wenn er musiziert, kann das Publikum gewiss sein, dass handwerklich gediegene und künstlerisch ausgereifte Musik geboten wird. Was er sich selbst als Organist abverlangt, das erwartet er auch von seinen Chormitgliedern. Diese Voraussetzungen sind offenbar bekannt und werden geschätzt, wie die voll besetzte Abteikirche zeigte. Das Publikum ließ sich auch nicht davon schrecken, dass Bambauer den programmatischen Fokus auf das ausgehende 19. und das 20. Jahrhundert richtete. Bambauer entführte die Zuhörer in die Welt der musikalischen Poesie der Romantik mit Camille Saint-Saëns "Calme des nuits" und zwei Gesängen aus Claude Debussys "Trois chansons de Charles d'Orléans". Er betätigte sich gleich einem Maler, der die Texte und die Musik mit Farben in den Raum stellte. Kleinste Anweisungen an sein Ensemble reichten aus, den Farbton zu ändern. Die "Liebe zu den stillen Dingen" erfüllte bei Saint-Saëns als zartes Gespinst den Raum. In Debussys "Dieu! Qu'il la fait bon regarder" war es wirklich unberührbare Schönheit, die greifbar und doch unnahbar dem Gewölbe des Gotteshauses entgegen strebte. Ein Erlebnis, dem noch die Seligpreisungen von Arvo Pärt und "Jesus und die Krämer", eine inzwischen schon zum Klassiker gewordene Motette von Zoltan Kodaly, folgten. Mit Präzision und Disziplin durchs Gewirr

Aber auch seinem Patron erwies der Chor seine Referenz mit Johann Sebastian Bachs Motette für zwei vierstimmige Chöre "Fürchte dich nicht", BWV 228. Mit Präzision und Disziplin arbeitete sich der Chor durch das kontrapunktische Gewirr, ohne das auch nur im geringsten der Inhalt verloren ging. Ehern, für jeden als Halt, stand die Aussage "Fürchte dich nicht, denn du bist mein" im Raum. Welch überragende Qualitäten der Bachchor und sein Leiter haben, zeigte sich bei Samuel Barbers "Agnus Dei". Auch dieser Chor kann einmal von der sicheren Bahn geraten, ins Straucheln kommen. Nicht so bei Bambauer: In einer Situation, in der die allermeisten Chorleiter das Handtuch geworfen hätten, brachte er seine Mitstreiter wieder zusammen. Für kurze Erholungspausen für den Chor sorgte der Kölner Organist Moritz Schott mit Jehan Alains "Deuxième fantaisie" und Bachs Präludium und Fuge in G-Dur, BWV 541. Bei Alain setzte er die Farbenvielfalt der Abteiorgel stilsicher und überzeugend ein. Bachs ungemein dichte Konstruktion im Präludium, die sich teilweise bis zur Sechsstimmigkeit versteigt, ließ ihn doch hin und wieder ein wenig stolpern - jedoch nicht zu Fall kommen. Ein durch und durch gelungener Auftakt zur neuen Konzertserie in der Abtei, die am Sonntag, 5. Juni um 15 Uhr mit dem Paderborner Domorganisten Gereon Krahforst seine Fortsetzung findet.

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