Klebt der Bart, liegen die Locken?

HETZERATH/ DAUN. Erste Falten, schiefsitzende Röcke, verwischter Lidschatten, ein Hefepilz im Darm: Gesprächsthemen hinter den Kulissen von "Musical Magics" sind keine anderen als überall auf der Welt. Und das mitten im hektischen Geschehen hinter der Bühne.

Noch 20 Minuten bis zur Vorstellung. Hektik im Obergeschoss des Dauner Forums: Die Zuschauer suchen sich gute Sitzplätze, Dietmar Kümmel, der für den restlichen Abend den Moderator gibt, hilft gerade einem Rollstuhlfahrer. Man sollte meinen, viel schlimmer sei die Hektik ein Stockwerk tiefer. Weit gefehlt: Die 40-köpfige Truppe um Crew-Leiter Michael Thinnes bleibt cool. Dies ist der vorletzte Auftritt der Saison, da hat das Lampenfieber ausgespielt. Oben läuft das Phantom, unten trinkt einer ein Bier

Luxus pur in der geräumigen Umkleidekabine in Daun, die sich die Darsteller teilen. Jeder hat sein Eckchen eingerichtet mit Kostümen, Perücken, Säbeln und Requisiten, die teilweise aus Opas Erbschaft stammen. Wackelig stehen zwei Tische aufeinander, darüber noch ein Stuhl, dessen Lehne als Ständer dient: Die spontan quergelegte Leiter dient als Garderobe für die Kleidersäcke, in denen sich liebevoll Gebügeltes aus My fair Lady, den drei Musketieren und dem Tanz der Vampire verbirgt. Namensschilder und der Titel des Musicals kennzeichnen die Säcke: Hier muss es schnell gehen, sobald die Show einmal läuft. "Rauf mit euch!", ruft Chef Michael Thinnes. Es ist soweit, die Show beginnt. Unten weiß jeder zu jeder Sekunde, was oben läuft. Headsets halten die Verbindung. "Lasst uns das Warm-Up hier machen", empfiehlt Choreografieleiterin Ulrike Hasenstab. Rasch proben die drei Tänzerinnen des Mozart und Falcos jene Drehungen, die in der vergangenen Woche nicht hundertprozentig saßen. Aufwändig sind ihre Kostüme. Ist jedes Schleifchen, Bändchen und Klämmerchen an seinem Platz? Was sagen die Falten, was Rouge und Lidschatten? "Wo steckt eigentlich der Dirk?" "Och, bis Dirty Dancing ist ja noch ewig hin!" Solche Nerven müsste man haben! Der König der Löwen ist vorbei, die Sänger springen aus den Kostümen, schminken sich ab. Rafiki alias Diana Herrmann fragt: "Habt ihr ein paar feuchte Tücher für mich?" Der kleine Spiegel fällt runter, macht nichts, geht man halt zu Ute Rau in die Maske. Oben läuft das Phantom der Oper, unten trinkt einer ein Bier, andere schnappen sich ein Stück Kuchen vom obligatorischen Kuchenbüfett. Dann heißt es: Rein in die Musketiere. Sitzen die Stulpen, klebt der Bart? Thinnes gibt den d'Artagnand, der hat sich gleich auf den zwei Quadratmetern hinter den Musikern umgezogen. Heike Ternes steht ihm mit dem unvermeidlichen Haarspray bei, während er rasch einen letzten Schluck Sprudel nimmt - er muss die Stimme noch schmieren. Da ist sie also doch noch, die Hektik, und sie wird bis zum Ende der Vorstellung nicht mehr weichen. Unten knallt eine Tür: Zwei Jungs von der Requisite waren draußen eine rauchen. "Das will ich nicht noch mal hören", zischt der Moderator. Dunkel ist es auf der Treppe zum Bühnenaufgang, ausgerechnet hier, wo alles mit gerafften Röcken rauf- und runterstürzt, ist die Glühbirne defekt. Auf alles hat sich derweil ein Schleier von Haarspray gesenkt, auf Nasen- und Rachenschleimhäute und auf das Schwarzbrot, das die junge Dame isst, an deren Frisur Maria Wilhelm gerade letzte Hand anlegt: "Dabei hab ich solche Lust auf ein Stück Kuchen!" Der Grund für ihren Verzicht sei ein Hefepilz, erklärt sie. "Man hat dir hoffentlich auch gesagt, dass das ein ganz aggressiver Pilz ist, der, wenn man ihm sämtliche Kohlehydrate entzieht, durch die Darmschleimhaut wandert." "O weh, erzähl mir doch so was nicht!" Übrigens: Dirk ist nicht mehr aufgetaucht an diesem Abend in Daun - es musste ohne ihn gehen. Aber sonst hat die Truppe der Musical Magics einmal mehr gefallen. Und wird die Zuschauer in der nächsten Saison wieder beglücken. Versprochen.

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