Opas Märchen und der Jazz

WITTLICH/GREVENBROICH. Der Saxofonist Andreas Steffens, in Wittlich aufgewachsen und zur Schule gegangen, lebt mittlerweile im Rheinland, wo er als Komponist und Jazzmusiker arbeitet. Im TV -Interview spricht er über die Heimat und Musik.

 In Wittlich aufgewachsen: Jazzmusiker Andreas Steffens.Foto: Christine Catrein

In Wittlich aufgewachsen: Jazzmusiker Andreas Steffens.Foto: Christine Catrein

Können Sie sich erinnern, wann der Entschluss gereift ist, Musiker zu werden? Steffens:Es war weniger der Entschluss, sondern vielmehr der Wunsch Musiker zu werden. Den hatte ich, seit ich mit 16 Jahren anfing, Saxofon zu spielen. Nach dem Abitur und meinem Zivildienst im Pflegeheim "Maria Grünewald" begann ich in Köln Musikpädagogik/Musiktherapie für Behinderte zu studieren. Ich wollte "etwas" mit Musik machen, war aber noch nicht weit genug, um Saxofon zu studieren. Mein Lehrer Jörg Kaufmann brachte mich dazu, weniger zu Vorlesungen zu gehen und dafür mehr Saxofon zu üben. Nach zwei Jahren habe ich die Aufnahmeprüfung in Arnheim gemacht.Wie waren denn die Reaktionen von Familie und Freunden, auf den Wunsch, Musiker zu werden? Steffens: Natürlich waren meine Eltern nicht erfreut, dass ich mein Studium in Köln abbrach - Schulmusiklehrer und Beamter zu werden schien der sicherere Weg zu sein als der eines freischaffenden Musikers -, aber sie haben mich dabei unterstützt.Warum haben Sie sich gerade das Saxofon ausgesucht? Steffens: Ich erinnere mich nicht mehr daran, warum ich ausgerechnet Saxofon lernen wollte. Was ich aber noch sehr genau weiß ist, dass man mir erzählte, ich müsste vorher Klarinette lernen. Das tat ich dann auch - war aber ein fürchterlicher Schüler, hatte nie Lust zu üben und ging meinem Lehrer sicher sehr auf die Nerven.Gab es jemals Zweifel, ob es die richtige Entscheidung war, Musiker zu werden? Steffens: Ja, natürlich. Die größten Zweifel hatte ich während des dritten Studienjahres in Arnheim. Damals war ich spielerisch an einem Punkt, von dem aus es nicht mehr weiter zu gehen schien. Beinahe hätte ich das Studium abgebrochen und aufgehört, Saxofon zu spielen. Aber solche Krisen bringen einen dazu, immer wieder über sein Tun nachzudenken. Und in einem kreativen Beruf halte ich sie sogar für notwendig, um sich weiterzuentwickeln.Was verbindet Sie mit Wittlich? Steffens: Ich spiele ja noch ziemlich häufig in und um Wittlich - insofern habe ich Wittlich nie wirklich den Rücken gekehrt. Leider könnte ich dort musikalisch nicht überleben - dazu muss ich in die Nähe von großen Städten. Besonders gut an Wittlich gefällt mir alles was drumherum ist - die Eifel und die Mosel. Die Schönheit der Landschaft habe ich aber erst zu schätzen gelernt, nachdem ich nicht mehr hier wohne.Können Sie sich vorstellen, irgendwann wieder zurückzukommen? Steffens: Mein Traum ist - irgendwann, wenn mein Beruf es erlaubt - einen einsamen, abgelegenen Bauernhof in der Eifel zu kaufen, um dort zu leben und zu arbeiten.Wie ist es denn, in der Heimat zu spielen? Ist das etwas Besonderes, reagiert das Publikum anders? Steffens:Ja, es ist etwas Besonderes. Viele kennen einen dort noch von den ersten Gehversuchen mit dem Saxofon - vom Klaus Wahl Quintett, oder den "Brass Offerings". Als ich mit meinem Trio "Zudritt" im Saal Kaienburg gespielt habe, war der voll. Es waren viele alte Bekannte und Freunde da - da ist man dann schon nervöser.Welches sind zurzeit Ihre musikalischen Projekte? Steffens: Meine Projekte sind mein Trio "Zudritt", momentan ergänzt durch den Schauspieler Martin Müller. Wir haben Texte von Helmut Krausser vertont und führen das live in einer Art Hörspiel auf. Dann schreibe ich gerade die Musik zu einem Theaterstück über Ingeborg Bachmann, das im November im "Theater am Schlachthof" in Neuss Premiere hat. Ein neues Projekt ist das niederländisch/deutsche Saxofonquartett "Stratos", mit dem wir im September ins Studio gehen werden - sehr schräge Musik. Und dann natürlich Thomas Schwab und Band, mit der wir jetzt im Mai im Studio waren.Ein Blick zurück: Wo liegen Ihre musikalischen Wurzeln? Steffens: Als ich mein Trio "Zudritt" gründete, versuchte ich Musik zu schreiben, die sich nicht an afro-amerikanischer Musiktradition, sprich Jazz, orientiert, sondern an meiner eigenen. Es entstanden Stücke wie "Vom Fuchs und vom Wolf" (in Anlehnung an ein Märchen, das mir mein Opa immer erzählt hat) und "Land und Leute", ein Stück über die Eifel. Ich denke, es ist heute sehr schwer auszumachen, welche Musik jemanden wie stark beeinflusst hat. Dazu wird man ja schon von Geburt an mit den unterschiedlichsten Stilen konfrontiert.Was macht einen guten Musiker aus, was gute Musik? Steffens:Flexibilität, Offenheit und gesunde Neugier gegenüber anderen Musikstilen, musikalischen Entwicklungen und Neuerungen. Darüber hinaus jemand, der mit offenen Augen durchs Leben geht, das heißt nicht nur sich und seine Musik wahrnimmt. Gute Musik ist lebendig, spannend. Sie packt den Zuhörer. Sie muss mir dann nicht zwangsläufig gefallen, aber dann ist sie wenigstens gut gemacht - das kann ich akzeptieren.Was macht Andreas Steffens, um zu entspannen? Steffens: Mit Rucksack, Zelt und Kocher durch die Eifel wandern.Zum Schluss noch ein Blick in die Zukunft: Wo sehen Sie sich in 20 Jahren? Steffens: Na hoffentlich auf meinem Bauernhof in der Eifel.*Die Fragen stellte unsere Redakteurin Christine Catrein.

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