Pilgerreise nach Pünderich

WITTLICH/PÜNDERICH. Nach drei Jahren Kalifornien und dem erfolgreichen Kampf gegen den Krebs ist der gebürtige Pündericher Markus Burger wieder in seinen moselländischen Heimatort zurückgekehrt.

 Aus der weiten Welt zurück an die Mosel: Jazzpianist Markus Burger.Foto: Lena Mager

Aus der weiten Welt zurück an die Mosel: Jazzpianist Markus Burger.Foto: Lena Mager

Seinneues Album "ultreya" verarbeitet die bislang schwerste Zeitseines Lebens. Er ist ruhiger geworden, ausgeglichener.Spiritueller. Der Kellner schaut entsprechend irritiert, als ereinen grünen Tee bestellen will. In einer Pizzeria? Markus Burger überlegt kurz und bestellt dann ein alkoholfreies Bier. Seine Lebenseinstellung hat sich geändert, seitdem es so aussieht, als habe er den Krebs besiegt. Er lebt jetzt gesünder. Keine Zigaretten. Kein Alkohol. Für einen Musiker keine leichte Bürde. Die halbjährlichen Untersuchungen seien trotzdem nach wie vor ein Albtraum. Aber der Krebs liegt in seinen Genen. Ein Onkel ist daran gestorben. Der, der selbst Jazz gespielt hat und dem er sein Leben als Jazzmusiker zu verdanken hat.

Amerikaner wollen Bach und Händel hören

Schon als Kind habe ihn der Jazz begeistert, erzählt Burger. Wo die Altersgenossen zwischen Disco-Pop und moselländischer Musiktradition pendelten, versuchte er sich bereits an ersten Jazz-Rhythmen. Die Familie im kleinen idyllischen Pünderich förderte das Interesse. Nur als der Sohn nach der Schule ein Musikstudium anvisierte, regte sich Widerstand. "Vor allem meine Mutter", lächelt Burger, "wollte, dass ich als Beruf etwas Anständiges lerne."

Heute blickt Markus Burger mit seinen 36 Jahren auf eine beachtliche Musikkarriere im In- und Ausland zurück. So gewann er neben zahlreichen anderen Wettbewerben das internationale Bach 2000 Musikfestival in Erfurt, wurde als Pianist und Bandleader nach Paris, New York und Monaco eingeladen, organisiert selbst Musikwettbewerbe, Workshops und Festivals. Das jährliche Wittlich Jazz Festival geht auf Burgers Initiative zurück, der das Ereignis die ersten Jahre hindurch auch selbst betreute und so gefeierte Jazz-Größen wie John Abercrombie, Kenny Wheeler und Albert Mangelsdorf in die kleine Stadt lockte. Eine eigene Musikproduktionsgesellschaft in Köln namens "Horizont Musik" folgte, mit der Burger mehr als 40 CDs unterschiedlichster musikalischer Genres herausbrachte. Erstaunlich, dass der Mann daneben noch Zeit für seine eigene Musik findet. Er spricht von seiner neuesten CD mit dem Titel "ultreya", Untertitel: "Keep on going". Eine Solo Scheibe. Obwohl er eigentlich gar nicht alleine

performed. Aber: "Die Stücke entstanden während meiner Krankheit", erzählt er, und wenn man die ganze Zeit mit Mundschutz herumlaufe und über sein Leben nachdenke, sei man nun mal nicht sonderlich gesellig.

"Ultreya" ist der Ruf, mit dem sich "die mittelalterlichen Pilger auf ihrem mühseligen Weg nach dem spanischen Heiligtum von Santiago de Compostella gegenseitig aufmunterten und motivierten. Keep on going! Es ist das persönlichste Album von Markus Burger. Eine Auseinandersetzung mit seiner schweren Krankheit und dem Tod. Berühmt aber wurde Burger vor allem durch seine Zusammenarbeit mit dem Saxophonisten Jan von Klewitz, einem Enkel des Fernsehpfarrers Martin Niemöller. Zusammen gehören beide seit Jahren zu einem festen Bestandteil der deutschen Musikszene. Ihre bekannteste CD "Spiritual Standards", erschienen beim renommierten Label "Jazzline",

ist eines der wenigen deutschen Alben, die sich in den letzten Jahren unter den Top 30 platzieren konnten. Burger runzelt die Stirn. "Ein deutscher Jazzmusiker", konstatiert er, "der in Deutschland deutschen Jazz macht, hat es ziemlich schwer." Das deutsche Publikum bevorzuge seit eh und je amerikanischen Jazz. Ist das der Grund, warum er schließlich in die USA gegangen sei? Burger grinst, er lacht selten. So wie in Deutschland amerikanischer Jazz geliebt werde, so wollen die Amerikaner bei einem deutschen Musiker hauptsächlich Bach und Händel hören. Ansonsten aber seien die USA in vielem erfrischend offener und inspirierender. Und rationaler, wenn es um's Geschäft geht. Burger unterrichtet "Music Business" am Sacramento City College. Er bringt zukünftigen Musikern bei, wie sie sich und ihre Karriere am besten vermarkten und wie sie den berüchtigten Knebelverträgen der großen Musikkonzerne entgehen können.

Eine Aufgabe, in die er seinen gesamten, reichhaltigen Erfahrensschatz einzubringen vermag. Fällt es ihm dann nicht schwer nach all den Jahren im sonnigen Kalifornien zurück an die Mosel zu kehren? Burger braucht nicht lange zu überlegen. "Die Wirtschaftskrise in den USA schlägt sich auch auf die Jazz-Szene nieder", meint er voller Bedauern. "Ein Club nach dem anderen schließt dort." Im übrigen sei die USA nicht unbedingt das Land, in dem er seine Stieftochter aufwachsen sehen möchte. "Die USA mögen eine militärische Supermacht sein",

räumt Burger ein, "was das Sozial- und Bildungswesen angeht, sind sie jedoch auf dem Stand eines Entwicklungslandes."

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