"Spiel einfach schön al dente"

SEHLEM/WITTLICH. Sie machen für ihr Leben gerne Musik, und sie machen es gut: Eine Truppe von mehr als 40 Leuten rund um Michael Thinnes bereitet sich in Sehlem auf die Premiere von "Musical Magics" vor. Für die fünfte Auflage der Produktion hat das Ensemble das Programm rundum erneuert. Der TV durfte bei einer Probe hinter die Kulissen schauen.

Was aus den Lautsprechern im Probenraum des Musikvereins Sehlem dringt, kann sich hören lassen. Die Musiker spielen nicht das erste Mal zusammen. Das merkt man. Die meisten sind seit fünf Jahren an Bord von "Musical Magics". Seit dem Frühjahr sind die Ensemble-Mitglieder am Proben. Das Programm liest sich wie die Hitliste erfolgreicher Musical-Produktionen: König der Löwen, Das Phantom der Oper, My Fair Lady, Die drei Musketiere und Tanz der Vampire. Stücke, mit der die Truppe um Michael Thinnes bereits im vergangenen Jahr erfolgreich durch die Region tourte. Für die fünfte Saison von "Musical Magics" hat Thinnes zudem Neues im Programm: Mozart, Falco meets Amadeus, Cabaret, New York, New York, Dirty Dancing und Die Schöne und das Biest. Auf den Notenpulten der zehn Musiker liegt "Die drei Musketiere", eine der Solonummern von Thinnes. "An dieser Stelle dürft ihr nicht einfach stur zählen. Ihr müsst mit dem Solisten spielen", fordert Manfred Ambrosius vom Keyboard aus seine Mitmusiker auf. Der Lüxemer ist der musikalische Leiter der Produktion. Eine Aufgabe, die er mit viel Humor und Fingerspitzengefühl ausübt. Seine Kritik trifft immer den Punkt, ist aber nie verletzend oder kränkend. Einer für alle, alle für einen

"Einer für alle, alle für einen": Musketier Thinnes rollen die ersten Schweißperlen über die Stirn. Er gibt alles. Doch Ambrosius ist so schnell nicht zufrieden. Die Musiker orientieren sich zu viel an den Noten, zu wenig am Solisten. "Er wird diese Stelle jedes Mal anders singen. Das ist die Freiheit des Solisten. Ihr müsst mehr aufeinander hören", fordert Ambrosius. Was dem passionierten Keyboarder so störend erscheint, würde der Laie schon gar nicht mehr bemerken. Gefeilt wird nur noch an Details. Aber am Ende werden es genau jene Details sein, die "Musical Magics" weit über eine verrückte Idee begeisterter Laien erhebt. So muss für Ambrosius auch mal ein "Ges" her, wo in den Noten eigentlich ein "C" steht. Die 17-jährige Kerstin Bauer ist am Ende mit dem "Ges" als Schlusston ihres Gänsehaut-Solos im König der Löwen auch viel zufriedener: "Du hast recht, der Ton ist genau der, den man da erwarten würde." Die Trompeter machen sich Notizen in ihren Noten, Posaunisten und Saxofonisten stimmen sich miteinander ab. Noch mal anzählen, noch mal konzentrieren, dann klappt's. Endlich. Ambrosius grinst, das nächste Stück wird aufgelegt. Fortissimo, Forzato, Portato - wo der Keyboarder mit Führungsaufgabe seine Anweisungen mit allzu viel Fachbegriffen ziert, fallen ihm die Bläser schnell ins Wort: "Alles klar, wir spielen einfach schön al dente." Das Ensemble lacht, Ambrosius erklärt noch mal, was er gemeint hat und will die Stelle gleich noch mal hören. Begründung: "Es könnte ja Glückssache gewesen sein." So geht es Takt für Takt und Stück für Stück voran. Dass der überwiegende Teil des Ensembles bereits seit fünf Jahren mit dabei ist, zeigt, wie viel Freude die Produktion trotz des hohen Zeiteinsatzes, den sie der Truppe abverlangt, Jahr für Jahr macht. Auch hinter den Kulissen gibt es eine Menge zu tun: Knapp 150 Kostüme müssen her. "Wir gehen im Internet auf die Suche. Ersteigern günstig Sachen, und was wir nicht finden, machen wir selbst", sagen Ulrike Hasenstab und Sonja Turina. Allein für die sieben Löwenköpfe waren die Damen 70 Stunden mit Bastelarbeiten beschäftigt. Bei den Aufführungen hat jeder Darsteller bis zu sieben Kostüm-Wechsel, was für die Masken- und Frisuren-Crew Schwerstarbeit bedeutet. Doch das Musical-Fieber hat sie alle gepackt. Auch Nicole Turina, mit zwölf Jahren das jüngste Ensemble-Mitglied: "Klar bin ich vor den Auftritten aufgeregt. Aber auf der Bühne habe ich einfach nur noch Spaß." Und genau diese Freude an Musicals wollen die Darsteller auch in die Herzen ihrer Zuschauer bringen.

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