Wuchtige Intensität und sichtbare Dramatik

Bernkastel-Kues . (gkl) Jugendliche Energie und solide Technik prägten das zweite Konzert in der Matineereihe "Musikalische Horizonte" im Cusanus Geburtshaus. Solist war der bulgarische Pianist Pavel Nechev.

 Junger Virtuose am Flügel: Der 23-jährige Pavel Nechev aus Bulgarien überzeugte beim Konzert in Bernkastel-Kues.Foto: Gerhard W. Kluth

Junger Virtuose am Flügel: Der 23-jährige Pavel Nechev aus Bulgarien überzeugte beim Konzert in Bernkastel-Kues.Foto: Gerhard W. Kluth

Es gibt Gelegenheiten, da läuft nicht alles so, wie es bei aller Sorgfalt eigentlich geplant ist. Diese Erfahrung musste auch Hermann Lewen, Intendant der Mosel Festwochen, bei seiner Konzertreihe "Musikalische Horizonte" machen. Der ursprünglich als Solist vorgesehene Severin von Eckardstein hatte den "Concours Reine Elisabeth" in Brüssel gewonnen, einen der bedeutendsten Wettbewerbe überhaupt.Damit verbunden sind weltweite Konzertangebote, denen Lewen nicht im Wege stehen wollte. Zugunsten von von Eckardsteins Auftritt in Tokio verzichtete Lewen auf ihn und bat das Publikum im Cusanus Geburtshaus um Verständnis.Als kurzfristigen Ersatz präsentierten die Mosel Festwochen den 23-jährigen Bulgaren Pavel Nechev, der seine Ausbildung schon mit fünf Jahren in seiner Heimatstadt Pleven begann und heute an der Folkwang Hochschule in Essen studiert. Mit Nechev hatte Lewen durchaus keinen Pianisten aus der zweiten Reihe nach Bernkastel-Kues geholt, sondern einen jungen, hochtalentierten Solisten, bei dem es Freude machte, seinem Spiel zu lauschen.Schon mit seinem ersten Werk, der D-Dur Sonate von Domenico Scarlatti, zeigte sich Nechev als ein gewandter Techniker. Zwar hatte er seine Interpretation nicht gerade am originalen filigranen Klangbild eines Cembalos orientiert, konnte aber, wenn man sich auf seine Tonsprache einließ, überzeugen. Die "Grande Sonate" Opus 28 von Ludwig van Beethoven, die den Beinamen "Pastorale" trägt, stand als großes Hauptwerk des ersten Teils auf dem Programm. Die Darstellung eines solchen großen Werkes erfordert immer zwei starke Komponenten, die ineinander greifen müssen. Einmal ist es die Beherrschung der Technik, die den Eindruck hinterlassen sollte, dass es keine Schwierigkeit darstellt, die Komposition zu spielen. Das andere ist das Gefühl, mit dem die gedruckten Noten zum Leben erweckt werden. Hier treffen das vom Komponisten Geschriebene und das vom Musiker Verstandene aufeinander und sollte im Idealfall die Zustimmung des Zuhörers finden. Nechevs Vortrag der Beethovensonate ist geglückt. Seine Technik bildete eine Grundlage, von der aus er seine musikalischen Überlegungen dem Publikum präsentieren konnte.Flügel wurde zum erzählenden Medium

Dass sich manches ein wenig wilder und ungestümer zeigte, ist dem noch ungestümen Empfinden des jungen Pianisten zuzuschreiben. In sich war sein Spiel schlüssig und nachvollziehbar. Gleiches galt für die Fantasie "Après une lecture de Dante" von Franz Liszt. Mit Wucht und Intensität machte Nechev seinen Zuhörern das Lisztsche Konzept der "Dichtung in Tönen" sichtbar. Die Dramatik der "Divina commedia" wurde plastisch, der Flügel zum erzählenden Medium.

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