Absurde Ersatzdroge

Ein Mensch im fernen Mainz saß einst vor einer Karte des Landes Rheinland-Pfalz und hatte einen Zirkel in der Hand und maß damit Entfernungen - Luftlinie versteht sich. Er sieht Traben-Trarbach und Bernkastel-Kues, der Zirkelschlag zeigt: Die Entfernung ist nicht allzu weit.

Und so wird gesagt, dass sich die beiden Orte bei Entwicklungsprojekten wie Wohnen und Versorgung abstimmen müssen. Gleiches gilt in der Eifel für Bitburg und Neuerburg: Sie liegen - zumindest von oben betrachtet - nicht allzuweit von einander entfernt, und da müssen die doch kooperieren. Langer Rede kurzer Sinn: Vermutlich ist genau so die vierte Auflage des Landesentwicklungsprogramms (LEP IV) zu Stande gekommen. Fest steht, dass die dafür verantwortlichen Planer vermutlich nie an der Mosel entlang oder durch die Eifel gefahren sind. Denn anders sind die starren Vorgaben des Programms und Gebote, die völlig unterschiedliche Orte zur Abstimmung ihrer Entwicklungsprojekte zwingen wollen, nicht erklärbar. Sie sind absurd. Sieht man sich gleichzeitg an, wie zögerlich man in Mainz mit dem Thema Kommunalreform umgeht, indem von vorn herein alle radikalen Veränderungen an der bestehenden Grundstruktur ausgeschlossen werden, dann wirkt LEP IV wie eine Ersatzdroge. Oder anders formuliert: Wie der realitätsferne Versuch des Landes zumindest irgend etwas zu machen - und sei es noch so unsinnig. Es drängt sich der Verdacht auf, dass man schon jetzt weiß, dass man nicht die Kraft und den politischen Willen haben wird, eine notwendige Kommunalreform in konsequenter Form umzusetzen. Statt abstruse Kooperations-Gebote erzwingen zu wollen, sollte man lieber mutig darüber diskutieren, wie Kreise, Verbandsgemeinden und Ortsgemeinden künftig aussehen, welche der Ebenen möglicherweise verzichtbar ist und wie sie finanztechnisch ausgestattet werden sollen. Nur in diesem großen Zusammenhang kann sinnvolle Kooperation zwischen Städten und Gemeinden neu organisiert werden und nur so werden die Kommunen der Region potenziell fit für die Zukunft. l.ross@volksfreund.de

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