Den Blick weiten

Ein Löwe geriet in Gefangenschaft und wurde in ein Lager gebracht, wo er andere Löwen antraf; manche waren schon viele Jahre dort, manche bereits dort geboren. Er lernte bald die Betätigungen der Löwen kennen.

Sie schlossen sich in Gruppen zusammen; eine ging ins Showgeschäft, eine Gruppe bestand aus Partylöwen, wieder andere betätigten sich kulturell, um die Bräuche zu bewahren, als die Löwen noch in Freiheit lebten. Wieder andere bekämpften andere Gruppen. Als sich der Neuankömmling umsah, bemerkte er einen Löwen der stets in Gedanken versunken war und keiner Gruppe angehörte. Die anderen mieden ihn. Er sagte zu dem Neuankömmling: "Schließ dich keiner Gruppe an. Diese armen Narren kümmern sich um alles, bloß nicht um das Wesentliche." "Und was ist das?", fragte der Neuankömmling. "Über die Art des Zaunes nachzudenken." Nichts aber auch gar nichts anderes ist wichtig. So weit die Erzählung. Was ist das Wesentliche im Leben? Ist es die Karriere, der soziale Aufstieg? Das, was wir oft für wesentlich halten, ist nicht selten mit großen Zwängen verbunden. Da muss man schon mal die Ellenbogen einsetzen, um weiterzukommen, da bestimmt unseren Lebensrhythmus oft die Jagd nach Geld, Macht, Prestige. In diesen Gefängnissen sind wir eingesperrt, diese Zäune umgeben oft unser Leben. Jesus sagt: "Kehrt um und glaubt an das Evangelium." Er spricht Menschen an, mit ihm zu gehen, sich von ihm begeistern zu lassen. Das kann heißen: Entscheidet euch für meinen Weg, der leben lässt, wo nicht einfach nur gelebt wird. Glaubt Gottes Evangelium! Wo Gottes Herrschaft an die Stelle der Herrschaft des Geldes, wo sein Interesse an jedem Menschen an die Stelle der teuer verkauften Genüsse tritt, entsteht eine neue Weltordnung. Das Wesentliche erkennen, dem Wesentlichen hinterherspüren, ist Jesu Botschaft. Damit wir alte Zäune niederreißen und unseren Blick weiten können. Harald Müller-Baußmann, Diakon, Morbach

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