Der Kuchen wird immer kleiner

Man kann es keiner Familie mit unterem bis mittlerem Einkommen verdenken, wenn sie für ihre Kleinen Hosen, Schuhe oder Jacken bei Aldi kauft. Inzwischen sind es aber nicht nur die Leute, die jeden Cent umdrehen müssen, die sich im Discounter eindecken.

Die primitiven, und deshalb vermutlich so erfolgreichen Werbeslogans "Geiz ist geil" oder "Ich bin doch nicht blöd", sind zu Lebenseinstellungen geworden. Die gleichen, die sich dieses Verhalten zu eigen machen, sind meistens die ersten, die sich beschweren, wenn das Geschäft um die Ecke plötzlich zu macht. Man kann halt nicht alles haben. Wer diese Annehmlichkeiten behalten will, muss auch dafür sorgen, dass bei Tante Emma, Brötchen-Karl oder Blusen-Heidi etwas in die Kasse kommt. Das ist der eine Aspekt. Der andere heißt Strukturwandel. Der klassische Einzelhandel, und das gilt vor allem für die Geschäfte in Kleinstädten, wird immer mehr ausgedünnt. Der mobile Kunde von heute fährt in die Großstadt, wo die Auswahl ungleich größer ist. Junge Konsumenten kaufen mal hier mal da, der klassische Stammkunde stirbt aus. Gibt es überhaupt noch Chancen für die kleinen Fachgeschäfte in der Innenstadt? Ja, aber nur wenn viele Faktoren zusammenkommen. Der wichtigste: Der Inhaber muss heute noch fleißiger, noch kreativer sein und noch mehr Service bieten als vor 10, 20 Jahren. Wer dazu nicht bereit oder in der Lage ist, hat keine Chance. Außerdem: Die Stadt muss attraktiv und gut erreichbar sein, muss ein breites Sortiment haben und muss Flair haben. Im Falle Traben-Trarbachs und speziell für die Brückenstraße gilt: Man muss sich einig sein, was man sein will: eine Einkaufsstraße, eine kleine Flaniermeile mit Straßencafés und Restaurants, beides zusammen vielleicht? So richtig weiß das niemand. Im Sommer fahren unter der Woche die Autos durch die Brückenstraße, oft genug Halbstarke mit tiefergelegten Autos und wummernden Bässen, die aus Boxen dröhnen. Wer das einmal erlebt hat, kommt am nächsten Tag nicht noch einmal. Aber: Die Einzelhändler in der Brückenstraße wollen, dass der Kunde möglichst bis vor die Ladentür fahren kann. Doch damit stirbt auch die Atmosphäre, die Ruhe, die Gemütlichkeit. Auch hier gilt: Man kann nicht alles haben. Bleibt zu hoffen, dass die Geschäfte, die jetzt zumachen, so schnell wie möglich wieder mit Waren gefüllt werden. Mehrere Monate Leerstand während der Saison wären für die Stadt fatal. w.simon@volksfreund.de

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