Die Leitbild-Krankheit

Es ist gut und - für eine Stadt, die sich wie Wittlich als heimliche Kulturhauptstadt der Region sieht - notwendig, dass man sich in den städtischen Gremien mit dem Thema Kultur befasst. Natürlich ist ein Leitbild etwas anderes als ein Programm.

Es muss offen sein und kann nicht aus einer Aufzählung von konkreten Projekten bestehen. Erfreulich ist, dass der Rat durchaus auch Volkstümliches und das Kunstschaffen in der Stadt selbst in das Leitbild aufgenommen hat - und damit Aspekte, über die mancher Kulturprofi in der Stadt gerne die Nase rümpft. Soweit so gut. Freundlich formuliert hat sich die Stadt damit viel vorgenommen. Unfreundlich formuliert fehlt dem Ganzen allerdings der Biss. Das Leitbild krankt - wie viele seiner Brüder und Schwestern gerade im kulturellen Bereich - am Mut, zu sagen, was sich ändern soll. Man wagt es nicht, zu sagen, was wirklich gewollt ist oder was bisher über- oder unterrepräsentiert war. Mit diesem Leitbild ist fast alles möglich, auch, dass alles so weitergeht wie bisher. Damit schafft man breite Zustimmung, weil man niemandem auf die Füße tritt. Viel mehr allerdings auch nicht. Ohne das vorab nie ganz definierbare Kulturgeschehen zu sehr einzuengen, hätte man beispielsweise einen Modus entwickeln können, wie und in welchen Zeitabständen der Kulturausschuss die laufenden Projekte - inklusive derer im Meistermann-Museum, das in dem Papier ohnehin nur gestreift wird - prüft und gegebenenfalls eingreifen kann. Richtig modern wäre das Ganze geworden, wenn man Wege und Grundkriterien zur Qualitäts- und Erfolgskontrolle aufgenommen hätte. All das fehlt. Aber vielleicht ist es ja die geheime Agenda der gewählten Entscheider, nun mutiger und aktiver auf die Gestaltung der Kulturarbeit einzuwirken.

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