Die Papstrede

Am Freitag vor Weihnachten hat Papst Benedikt XVI. bei seiner traditionellen Ansprache vor den Mitgliedern der Kurie zwei höchst bemerkenswerte Aussagen gemacht: "Die chiffrierten Überzeugungen des christlichen Glaubens" müssten in die Sprache der säkularisierten Welt übersetzt werden.

Die Aufklärung, also jener Prozess, der im 18. Jahrhundert begann und die Menschen zum selbst denkenden mündigen Wesen machte, habe "unvorstellbare Erfolge" hervorgebracht. Viele alte traditionelle Glaubensinhalte lassen sich nicht mit unserem heutigem Weltbild und unserer weltlichen Vernunft in Einklang bringen, wenn man sie wörtlich nimmt. Wenn der Papst jetzt sagt, man muss und kann sie "dechiffrieren" - also entschlüsseln - und gleichzeitig sagt, es könne keinen Widerspruch zwischen der aufgeklärten Vernunft moderner Menschen und dem Glauben geben, öffnet dies der Kirche eine neue Tür. Viele Naturwissenschaftler sind zunehmend überzeugt, dass das Leben kein seelenloses Zufallsgeschehen ist. Der große Physiker und Nobelpreisträger Leon Lederman überschreibt einen Forschungsbericht zur Antimaterie "Wie wir an einem Wochenende … Gott entdeckten". Aber die "wissenschaftliche Vernunft" allein ist nur die "neutrale Mathematik des Alls" (so Benedikt XVI.). Gott ist mehr: "Liebe und Vernunft". Das alles sind ziemlich neue Aussagen für die Kirche. Aber sie lösen sehr viele Widersprüche - auch mir persönlich. Vor einigen Tagen war Dreikönige. Die Weihnachtsgeschichte zeigt ja zwei Zugänge zum Glauben: Den der Hirten, die die Engel Halleluja singen hörten und zur Krippe gingen. Diesen Zugang haben aufgeklärte Menschen von heute kaum noch - ich auch nicht. Aber da gibt es ein zweites Geschehen: Die drei Weisen beobachteten den Aufgang eines Sterns, ein kosmisches Ereignis. Das führte sie zur Krippe. Sie haben Gott in der Schöpfung erkannt. Papst Benedikt XVI. hat jetzt diesen Weg eröffnet. Manfred Sliwka, Niederscheidweiler

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