Dumm gelaufen...

...sind vergangenen Samstag diejenigen, die mit Trommeln und Springerstiefeln die Innenstadt beeindruckten und spielende Kinder verschreckten. Sie nutzen die rechtlichen Spielräume einer Demokratie, die sie eigentlich bekämpfen.

Dumm gelaufen sind sie, die am Tag darauf zu den Wahlurnen gingen, um dort ihren Frust und ihre Perspektivlosigkeit mit zwei Strichen in einem Kreis auf einem Stück Papier abzuliefern. In manchen Regionen waren es über 20 Prozent. Dumm gelaufen sind sie, die meinten, eine schöne Kunstausstellung von Herrn Flick besuchen und sich an Ästhetik erfreuen zu können, ohne sich auseinandersetzen zu müssen mit Unrecht und Menschenverachtung der Vergangenheit, die erst den wirtschaftlichen Rahmen zur Kunstsammlung geschaffen haben. Dumm gelaufen, wenn Menschen meinen, für ihr Tun und Lassen nicht zur Verantwortung gezogen zu werden, oder einen Teil der Wahrheit ausblenden zu können. Gut, wenn es Menschen gibt, die sich bewegen lassen, Unrecht und Menschenverachtung beim Namen zu nennen. Einen solchen haben Juden und Christen gemeinsam. Er heißt Jona. Er soll gehen und sagen, was eigentlich niemand hören will. Er versucht zu fliehen, droht zu versinken, wird gerettet und tut dann doch, was Gott ihm zu tun geboten hat: Zeugnis zu geben von dem nicht enden wollenden Verlangen Gottes nach der Umkehr der Menschen. Jona gehört am heutigen Tag zum Fest Jom Kippur, dem jüdischen Versöhnungstag. Dumm gelaufen, wenn es irgendwann keine solchen Menschen mehr geben sollte, die den Mut aufbringen, einzutreten für das Leben, wie es Gott gewollt hat. Dumm gelaufen, wenn es mal wieder gesellschaftsfähig werden sollte, Gottes Ja zu uns Menschen nur auf uns selbst beziehen zu wollen. Unseren jüdischen Nachbarn einen gesegneten Jom Kippur, zur Woche der ausländischen Mitbürger allen Mitbürgern anderer Herkunft alles Gute und den "Dumm-Gelaufenen" Menschen wie Jona wünscht Christoph Pistorius, Superintendent pistorius.trier@ekkt.de

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