Eher eine Büttenrede

Zum CDU-Parteitag ("Müsli alleine reicht nicht" (TV 7./8. Februar)

Man sollte die Ansprache des CDU-Kreisvorsitzenden Licht vor der Karnevalsdeko in der Loretta-Halle eher als Büttenrede denn als ernst gemeinten Bericht werten. Nachdem er Naturschützern und um ihre Nachtruhe und Gesundheit bangenden Bürgern den Kampf angesagt hat, stellt er seine Ansichten über Familienpolitik vor: Statt "Müsli und autarken Energieanlagen" will er anscheinend die Atomenergie wieder beleben. Statt Natur- und Klimaschutz will er Schnellstraßen und Startbahnen bauen.Dabei sollte Licht wissen, dass die geplante Startbahnverlängerung den Flugplatz Hahn nicht aus den roten Zahlen bringen wird. Die 40 Millionen teure Investition wird allenfalls weitere "fliegende Zeitbomben" aus Osteuropa und Afrika in den Hunsrück locken. Das große Geschäft und damit endlich schwarze Zahlen wären erst mit regelmäßigen Nachtflügen eines großen Fracht-Carriers wie dem Postflieger DHL zu erreichen. Dann sollen mehr als 2000 Arbeitsplätze winken - allerdings unter der Voraussetzung, eine zweite Startbahn bauen zu müssen. Denn laut DHL machen nächtliche Frachtflüge in großem Stil erst mit zwei Startbahnen Sinn. Abgesehen von einigen hundert Millionen Euro Steuergeldern, weiterer immenser Naturzerstörung und unvermeidlichen Dorfumsiedlungen wäre das sicherlich das endgültige touristische Aus für die Mosel-Hunsrück-Region. Doch schon jetzt scheint es nicht weit her zu sein mit dem "Tourismusmotor Hahn". Selbst die jüngste Hunsrück-Konferenz der CDU beklagte dies. Gründe dürften in einer nicht optimalen Vermarktung der Moselregion und in zu wenig Reisenden mit dem Ziel "Mosel" liegen: Warum wird man beispielsweise auf den beiden wichtigsten Hahn-Touristik-Seiten im Internet nur zu einer Hand voll Hotels in Traben-Trarbach und Bernkastel-Kues geleitet? Stattdessen gibt es relativ viele Hotel- und Restaurant-Vorschläge aus anderen Regionen. Aber vielleicht gibt es ja gar nicht genug Interessenten? Nach offiziellen Statistiken will nur ein Bruchteil der am Hahn abgefertigten Reisenden bei uns Urlaub machen. Die meisten Reisenden fliegen von hier in andere europäische Urlaubsregionen. Ein kleiner Teil kommt aus dem Ausland nach Deutschland. Von diesem "Rest", der sicherlich gegenüber Bahn- und Autotouristen verschwindend gering ist, bleiben wiederum nur wenige im Hunsrück oder an der Mosel.Es wäre interessant, einmal zu klären, ob es tatsächlich den wohlhabenden Touristen gibt, der für 20 Euro aus London einfliegt und dann in einem hiesigen Luxushotel für 150 Euro übernachtet? Oder muss man sich eher auf den sparsamen Camper einstellen, der nach dem Billigflug ein billiges Wohnmobil mietet und dann womöglich noch im Factory Outlet Center auf dem Hahn shoppen möchte?Dr. Hans-Jürgen BelitzTraben-Trarbach

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