Glaube 2306

"Jesus von Nazareth" hat es auf die Bestsellerliste geschafft, jedenfalls das Buch von Joseph Ratzinger - Benedikt XVI. Bescheiden bittet der Papst "um jenen Vorschuss an Sympathie, ohne den es kein Verstehen gibt".

Den gewähre ich gern. Ich teile die Wertschätzung der historisch-kritischen Forschung, die zu ermitteln versucht, welche Worte auf Jesus zurück gehen, und wo wir mit Nachträgen der Ur-Gemeinde rechnen müssen, die sich vielfach nicht scheute, Jesus ihre eigenen Gedanken in den Mund zu legen.Doch lassen sich daraus folgende Probleme in der Sache mit der "kanonischen Exegese" klären? Der Papst sieht in den biblischen Texten stets drei Subjekte am Werk: Den einzelnen Autor (z.B. Evangelisten), das ihn tragende Gottesvolk und letztlich Gott selbst.Tritt damit nicht Jesu ursprüngliches Wesen und Wirken in den Hintergrund zugunsten der Deutung des "Gottesvolkes", d.h. hier der katholischen Kirche?Wären in der Medizin solche Muster wirksam, wäre also seit je das Tun des einzelnen Arztes in Geltung, das ihn prägende gesellschaftliche Modell von Gesundheit (und vielleicht gar Gottes Wille), wären wir medizinisch etwa auf dem Stand des 17. Jahrhunderts. Denn neue, weiter führende Sichtweisen sind so von vornherein ausgeschlossen. Gerade erst hat die Kirche Galilei rehabilitert, die Bedeutung der Evolution für den Glauben ist noch kaum begriffen, und auf Tiefenpsychologie lassen sich erst wenige Theologen ein. Alles das mag fromme Gemüter wenig beschweren.Doch Jesus selbst hat jene Methode nicht angewandt. Er warnt: Beruft euch nicht darauf, ihr wäret Teil des Gottesvolkes, hättet Abraham zum Vater. Immer wieder stellt er Menschen in die Mitte, die scheinbar nicht ins Gottesvolk frommer Männer passen: Den religionsfremden Samariter, ein Kind ("wenn ihr nicht werdet wie die Kinder"), Frauen behandelt er gleichberechtigt. Glaube wächst von unten, schon bei Jesus.noj/joa Jesus - zensiert?

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