HINTERGRUND

Erinnerung "Eine Kleinstadt will sich nicht erinnern" nannte Ursula Junk ihre 1987 für den Westdeutschen Rundfunk produzierte Hörfunk-Reportage, die in Wittlich schon allein wegen des Titels für Aufsehen sorgte.

"Zum damaligen Zeitpunkt war jüdische Geschichte kein Thema in Wittlich", sagt Professor Reinhold Bohlen, Leiter des Emil-Frank-Instituts. Junks Radio-Beitrag blieb nicht ohne Wirkung, die Zeit war reif. Im Vorfeld des 50. Jahrestags der Reichspogromnacht (1938) hatten sich in der Kreisstadt bereits verschiedene Gruppen wie Pax Christi zusammengefunden, die für 1988 eine größere Gedenkveranstaltung als die regelmäßigen Mahnwachen planten. "Die Reportage hat uns dann den letzten Anstoß zur Gründung des Arbeitskreises ,Jüdische Gemeinde Wittlich' gegeben", sagt Franz-Josef Schmitt, eines der zwölf Gründungsmitglieder. Unter anderem trug der Arbeitskreis Adressen ehemaliger Wittlicher Juden zusammen und initiierte die Ausstellung "Jüdisches Leben in Wittlich" in der Synagoge. Auch Ursula Junk recherchierte weiter. 1992 sendete der WDR ihren Film "Es war ein Stück seines Herzens - Geschichte meines Schranks", in dem sie auch die Arbeit des Arbeitskreises vorstellte, auf dessen Initiative 1991 im Rahmen der 700-Jahr-Feier eine Gruppe ehemalige jüdischer Bürger ihre einstige Heimat besuchten. Auch der Name des 2000 eröffneten Emil-Frank-Instituts geht auf den Film zurück (der TV berichtete). Dass das Institut ein Prestige-Gewinn für die Stadt Wittlich ist, machen zahlreiche Nachkommen Wittlicher Juden deutlich: Hierhin wenden sie sich, um Schicksale von Verwandten zu klären oder Erinnerungsstücke für Ausstellungen zu übergeben. "Es wurde viel getan", sagt Bohlen. Wittlich erinnert sich. (scho)

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