Hasenläufer statt Avantgarde

M orgens und abends fahre ich von und zur Arbeit einige Kilometer an der Mosel entlang. Eine schöne Strecke. Dabei passiere ich eine ganze Reihe von Weinlagen: "Burger Hahnenschrittchen", "Enkircher Batterieberg", "Trabener Zollturm".

Interessante Namen, denke ich. Hinter jeder dieser Bezeichnungen steckt eine Geschichte, vielleicht auch eine Sage. Moderne Marketingleute mögen darüber die Nase rümpfen. Solche Namen sind doch viel zu kompliziert, überhaupt nicht international zu vermarkten, viel zu schwer auszusprechen. Kein Wunder, dass in letzter Zeit immer mehr Weinbezeichnungen auftauchen, die "zeitgemäß" und "modern" klingen sollen. Und das nicht nur bei den Kellereien, sondern auch auf den Preislisten mancher Winzer. Zum Beispiel "Insignum" oder "Novum" oder "Romanze" oder "Prestige". Mir gefallen die alten Lagennamen auf jeden Fall besser, weil sie das Besondere der Mosel betonen - den Charakter der Weine, manchmal auch die Mühen der Arbeit (man denke an Erdener Treppchen) oder die ganz besondere Wertschätzung einer Lage (zum Beispiel Wolfer Goldgrube). Es wäre schade, wenn diese schönen, ursprünglichen Weinlagen-Bezeichnungen immer mehr verschwänden, nur weil sie altmodisch klingen oder schwer auszusprechen sind. Ich ziehe auf jeden Fall einen "Burgener Hasenläufer" gerne einem "Avantgarde" vor. Winfried Simon

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