Da sitzt er nun in der hinteren Bank und schaut sich interessiert an, was dort passiert. Besonders beobachtet er die Menschen im Altarraum und in den Bänken. Was wird ihm da wohl auffallen?

Mal ganz abgesehen von der Sprache, den Ritualen und Gesängen, die er wohl nicht versteht und auch nicht deuten kann - , an den Menschen wird ihm bestimmt dies auffallen: Sie sind alle sehr ernst. Es muss irgendetwas ganz Dramatisches vorgefallen sein, dass viele Menschen in dem einen großen Raum derart still und - so scheint es zumindest - konzentriert sind. Ein paar Kinder quengeln herum, werden aber sofort zur Raison gerufen. Für einige Minuten ist es wieder still; zu hören sind nur diese Worte, die mal der Mann ganz vorne sagt und dann die Antwort der Menschen in den Bänken. Auch die Musik ist sehr schwer und gewichtig. Und dann etwas ganz Wesentliches: keiner lacht. Nicht einmal ein Anflug von einem Lächeln ist zu sehen. Was mag wohl mit diesen Menschen geschehen sein, die mal sitzen, mal stehen, mal knien ... Unter den Menschen, die er beobachtet, könnte auch ich sein. Einer unter vielen. Und auch ich würde nicht lachen. Denn das tut man nicht in der Kirche. Warum eigentlich nicht? Hat Jesus auch nie gelacht? Oder hatte er vielleicht gar nichts zu lachen?! Ich bin mir sicher, er hat gelacht. So wie er geweint hat, mit anderen mitgelitten hat, zornig war, Feste gefeiert, gebetet, getrunken und gegessen hat.

Denn er war uns Menschen in allem gleich - außer der Sünde. Dieser Jesus gefällt mir. Er ist so menschlich, so anrührend, ja so empfindsam. Warum aber wird in unseren Gottesdiensten nie (oder so gut wie nie) gelacht!? Warum sind wir nicht fröhlicher! Wo wir doch allen Grund dazu haben. Lachen ist ein menschlicher Gefühlsausdruck, so wunderbar und angenehm wie das Lieben. Wir dürfen also in der Kirche lachen, denn wir dürfen der Botschaft Jesu trauen. Dass er nämlich will, dass wir das Leben in vollen Zügen leben.

Auch in der Kirche.

Harald Müller-Baußmann, Diakon aus Morbach