Herbst im Moseldorf

Weinlese - das ist für den Winzer eine ganz besondere Zeit. Eine Zeit des Bangens und Hoffens, eine Zeit der Anspannung und der Erleichterung, wenn die - hoffentlich gute - Ernte endlich eingebracht ist.



Wenn ich mich an meine Kindheit und Jugendzeit zurückerinnere, kommt auch etwas Wehmut auf. Die Winzerdörfer waren in den 60er und 70er Jahren im Herbst voller Leben. In jeder Straße, in jeder Gasse gab's noch mehrere Winzer. Am Abend fuhren die Schlepper mit den vollen Traubenbütten fast aneinandergereiht ins Dorf. An jeder Ecke hörte man das Geratter der Traubenmühlen, und es roch überall nach Most, gärendem Wein und Trester. Heute ist vieles anders. Es sind einfach weniger Winzer da, weil die Klein- und Kleinstbetriebe längst aufgegeben haben. Früher war der Herbst in den Weindörfern eine sehr geschäftige Zeit.

Wenn man von den Mühen absieht - damals war die Arbeit in Weinberg und Keller ungleich schwerer -, war's auch ein bisschen romantisch. Jedes Moseldorf war ein wirkliches Weindorf. Fast jeder Einwohner hatte etwas mit der Weinlese zu tun, sei es als Angehöriger eines kleinen Winzerbetriebs oder als Lesehelfer.

Heute ist vieles anders. Die Ökonomen und Soziologen sprechen vom Strukturwandel. Dieser ist kaum aufzuhalten. Veränderungen durch technischen Fortschritt und Bevölkerungsentwicklungen wird es auch in Zukunft geben. Hoffen wir, dass die Moseldörfer Weindörfer bleiben und sich zumindest in Ansätzen ihren idyllischen Charakter bewahren.

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