Vom Radfahren und der Balance

Mein Enkel hat in diesem Sommer Fahrrad fahren gelernt. Ausgestattet mit Helm und Handschuhen freut er sich über die neu gewonnene Mobilität. Rad fahren ist schwierig zu lernen. Kraft, Geschicklichkeit und Erfahrung sind erforderlich.

Vor allem muss man das Gleichgewicht halten, die Balance. Diese ist aber auch sonst im Leben wichtig.

Vieles scheint heute nicht mehr richtig in der Balance zu sein. Natur und Umwelt sind offensichtlich nicht mehr im Gleichgewicht. Es besteht ein großes Gefälle zwischen armen und reichen Ländern. Aber auch in unserer Gesellschaft wird die Kluft zwischen denen, die viel haben und denen, die gerade so über die Runden kommen, immer größer.

Aber Balance halten und finden ist für jeden von uns wichtig. Das gilt sowohl für diejenigen, die vermeintlich auf der Sonnenseite des Lebens stehen, aber besonders auch für diejenigen, die mit großen Problemen oder Krisen zu kämpfen haben. Die Gleichgewichte zwischen unseren persönlichen Wünschen und den Realitäten, zwischen Anspannung und Entspannung, zwischen Glaube und Hoffnung müssen immer wieder neu ausgelotet oder wiederhergestellt werden, genauso wie beim Fahrradfahren, wenn wir ständig aufs Neue unser Gleichgewicht suchen müssen.

Wie hält und findet man nun die richtige Balance im Leben? Wichtig scheint mir zu sein, die eigene Mitte zu finden und das zu suchen, was wirklich im Leben zählt. Dazu müssen wir zuweilen innehalten, um zu unseren Wurzeln zu gelangen. Wichtig scheint mir auch, dass wir an uns selbst und an andere glauben. Auch Gott glaubt an uns und gibt uns immer neue Chancen. Wenn wir uns auf ihn einlassen, ihm vertrauen, an ihn glauben, wird sich jene Balance leichter einstellen, die wir benötigen, um unsere Gegenwart und unsere Zukunft gelassener zu bewältigen.

Wenn man Kindern das Radfahren zeigt, dann hilft man ihnen zu Anfang, indem man sie am Gepäckträger festhält. Irgendwann lässt man los und sie fahren sicher weiter, weil sie glauben, dass die Hand am Gepäckträger sie noch hält. So ähnlich ist das auch mit dem Gleichgewicht im Leben. Der Glaube, dass da jemand ist, der uns auffängt, lässt uns unsere Balance finden und halten.

Dieter Stuff aus Bernkastel-Kues ist Lehrer im Ruhestand.

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