Wahnsinn der 60er Jahre

Zur Debatte um den Bau des Hochmoselübergangs meint dieser Leser:

Gut, dass sich mit Michael Willkomm ein führender Unternehmer von dieser Fehlplanung distanziert. Die Sache ist einfach: Wir können uns diese Straße nicht leisten, selbst wenn es einen gewissen Bedarf dafür gäbe. Bund, Land und Kommunen sind pleite. Mit immer neuen Schulden werden die Zinsen für die alten bezahlt. Diese Finanz- und Haushaltspolitik ist unverantwortlich. "Weiter so!" geht nicht mehr. Die nun heraufziehende Weltwirtschaftskrise wird die Situation verschärfen. Wie man angesichts dieser prekären, ja fast aussichtslosen Finanzsituation in diversen Amtstuben und Abgeordnetenbüros auf die Idee kommen kann, verkehrspolitische Wahn-Projekte der 60er Jahre, wie den geplanten Hoch-Moselübergang, unbeirrt und stur durchziehen zu wollen, ist für mich nicht nachvollziehbar. Ein hinreichender Bedarf für diese gigantische Brücke ist nicht darstellbar. Die Verkehrsströme laufen anders, wie der TV in seinem Kommentar ja auch feststellt. Ein privater Investor soll nun her. Nachdem aber alle Mautprojekte der Bundesregierung so grandios gefloppt sind, und angesichts der aktuellen Tristesse am Geldmarkt, dürfte diese Strategie sich ebenfalls erledigt haben.

Holländische und belgische Gäste reisen gerne und viel an die Mosel, würden aber sicher bei Platten die B50neu verlassen, um ins Tal zu kommen. Die Brücke bringt in diesem Sinne nichts für die Region, nur acht Jahre Baustellenverkehr, Dreck und Lärm. Warum also dieses Beton-Monster in unsere herrliche Landschaft rammen und künftig touristisch stark nachgefragte Kultur- und Erholungsräume zerstören? Damit ein Container zehn Minuten schneller von Rotterdam nach Frankfurt kommt? Dass man, wie bei Wittlich, hektarweise beste Ackerböden zubetoniert, wird uns in Kürze noch bitter aufstoßen. Wer nun meint, die wegbrechende Konjunktur mit Baumaßnahmen stabilisieren zu müssen, dem empfehle ich die Beherzigung dieser Zeilen aus dem "Manager Magazin": "Schulen und Unis zu sanieren wäre gerade jetzt eine gute Idee; Straßen nach jahrelangem Planungsaufwand in die deutsche Provinz zu bauen, in Gegenden also, die demografiebedingt ohnehin Einwohner verlieren, ist hingegen eine schlechte. Japan, das nach Jahren der Konjunkturprogramme in den 90er Jahren mit absurden Verkehrsprojekten zugebaut wurde, taugt als abschreckendes Beispiel."

Rudolf Trossen, Kinheim

B50neu

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