Was vom Streike übrig bleibt

Eine große Zahl von Milchbauern in der Region will es wissen: Mit Lieferboykott und - inzwischen beendeten - Molkerei-Blockaden unter anderem in Pronsfeld und Thalfang haben sie ihrer Forderungen nach höheren Erzeugerpreisen für Milch spektakulär und teilweise am Rande des Legalen Nachdruck verliehen.

Ganz unabhängig davon, ob und wenn ja wie deutlich der Preis angehoben werden wird, der Milchstreik wird Spuren hinterlassen, die sich in Cent und Liter nicht messen lassen. Zwischen den Landwirten, die streiken, und denen, die liefern, ist eine tiefe Kluft entstanden. Die Tiefe ist nicht allein mit der unterschiedlichen Auffassung zum Lieferboykott zu erklären, sondern mit leider weit verbreiteten Auswüchsen an dessen Rand. Es kam offenbar häufig zu Anfeindungen übelster Art gegenüber den Bauern, die sich nicht am Streik beteiligen. Es ist verständlich, dass man aufgrund unterschiedlicher Auffassungen in — durchaus heftige — Diskussionen geraten kann. Spätestens die Androhung körperlicher Gewalt oder Angriffe auf Hab und Gut des anderen gehen allerdings eindeutig zu weit. Die Boykotteure müssen akzeptieren, dass es Berufsgenossen gibt, die offenbar bereit sind für den im Vergleich zum vergangenen Jahr niedrigen Preis zu liefern. Anders als beim Streik von Arbeitnehmern handelt es sich dabei nicht um Entsolidarisierung, sondern schlicht um eine unternehmerische Entscheidung. Denn auch wenn sich Landwirte nicht mit größter Freude den Marktgesetzen beugen, so sind sie doch konkurrierende Unternehmer. Auch wenn höhere Milchpreise allen Milchviehhaltern nutzen würden.Besser messbar ist der Schaden, den Streik und Blockade den Unternehmen zugefügt haben, deren Eigentümer — paradoxerweise — ja die Bauern sind. Während die Hochwald-Nahrungsmittelwerke wohl zu groß sind, um — trotz der Schwächung durch den Streik — akut von einer Übernahme bedroht zu sein, ist ein solches Szenario bei der Milchunion-Hocheifel nicht völlig ausgeschlossen. Man mag sich die Vorwürfe der liefernden Bauern gegenüber den Streikenden nicht vorstellen, wenn es wirklich so weit käme. Dann wäre die Kluft unüberbrückbar.

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