Weite

Freunde und Gäste in unserem Haus stehen oft, wenn sie zum ersten Mal in unserem Haus sind, am großen Wohnzimmerfenster und rufen erstaunt aus: "O, was für ein herrlicher Blick, was für eine Weite!

"Sie sind überrascht, dass kein Haus, kein Bauwerk die Sicht aufs Wittlicher Tal, den Neuerburger Kopf, den Kondelwald und die Moselhöhen versperrt.Auch das Leitwort des 97. Deutschen Katholikentags in Osnabrück, den in diesen Tagen viele Christen besuchen werden, signalisiert diese Weite, diesen Ausblick: "Du führst uns hinaus ins Weite."Das Motto ist dem 18. Psalm entnommen. Es spricht mich unmittelbar an, lässt mich aufatmen, lässt das Herz aufgehen und berührt meine Sehnsucht nach Freiheit, Offenheit, Selbstentfaltung und -gestaltung.Wenn wir aber den ganzen Psalm lesen, der durchsetzt ist von Sprache und Bildern der Gewalt, so irritiert uns das gefällige Katholikentagsmotto in diesem Zusammenhang. Wer den vollständigen Psalm liest, hört aber auch heraus: die Rettungserfahrung "von ganz unten" und das "ganz-oben-sein" am Thron, bei Gott dem Retter und Befreier. Aus angstvoller Enge führt Gott heraus in die Weite, in die Freiheit, in das Leben. Der Psalm leitet an, solche Erfahrungen von Freiheit aufzuspüren und weiterzuerzählen. Die Kinder aus Amstetten und viele Entführungsopfer können drastisch von solchen Erfahrungen berichten. Die Bibel protestiert in ihren Psalmen und Erzählungen dagegen, den Tod bringenden Mächten, allen Einengungen von Freiheit und Leben das letzte Wort zu überlassen.Mein kürzlich verstorbener Mitbruder Nikolaus Föhr drückt dies aus in einem Gebet in seinen Psalmen im Gotteslob: "Herr, Jesus Christus, du bist Mensch geworden, um uns zu befreien. Zeig uns deinen Weg, der aus der Enge in die Weite führt. Amen.

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