weinkolumne_5.4.

In der Regel befassen wir uns in unserer Weinkolumne mit erfreulichen Themen rund um den Wein, mit kleinen Anekdoten, mit Tipps zum Weingenuss, mit Themen zur Weinkultur, mit Natur und Landschaft. Kürzlich geriet der Wein leider (mal wieder) in negative Schlagzeilen.

Viele Weine - ob aus Frankreich, Italien, Australien, Spanien oder Deutschland - seien mit Pestiziden belastet, hieß es. Bestimmte Interessengruppen sprachen von "alarmierenden und schockierenden" Ergebnissen. Schärfere Gesetze müssten her, sogar die Forderung nach einem generellen Verbot von Pflanzenschutzmitteln wurden laut. Die Berichte bewegten sich nah an der Grenze zwischen Information und Verunsicherung. Denn bei der zitierten Untersuchung des "Aktions-Netzwerks gegen Pestizide" (PAN) wurden in keinem einzigen Fall die gesetzlichen Grenzwerte überschritten. Aus fachlicher Sicht ist es nicht überraschend, dass Rückstände im Wein - ob konventionell oder ökologisch erzeugt - nachgewiesen werden. Auch ökologisch wirtschaftende Weinbaubetriebe setzen Pestizide ein, indem sie Kupfer- oder Schwefelpräparate verwenden.Sucht man in einem Lebens- oder Genussmittel ganz gezielt nach einem bestimmten Stoff, wird man vermutlich immer fündig. Denn die modernen Analyseverfahren erlauben es, sogar winzigste Mengen festzustellen. Entscheidend ist aber, ob diese Menge der Gesundheit schadet. Mit ist jedenfalls noch kein Fall bekannt geworden, dass sich jemand beim Weintrinken vergiftet hat, nur weil die Reben gegen Krankheiten gespritzt wurden. Ich bin überzeugt: Jemand, der eine einzige Zigarette raucht, nimmt das Zigfache an Schadstoffen auf, wie jemand, der einen Eimer Äpfel isst, die nach den gesetzlichen Vorschriften gespritzt wurden. Im Übrigen dürften in kaum einem anderen Land die Grenzwerte für Pflanzenschutzmittel-Rückstände so niedrig angesetzt sein wie in Deutschland, und dennoch werden in keinem anderen Land permanent die Verbraucher derart verängstigt. Nicht wenigen scheint das sogar zu gefallen, werden sie doch in ihrem Pessimismus bestätigt. Engländer und Franzosen sprechen längst von dem Phänomen der "German Angst". Angst vor dem Atomtod, dem Waldsterben, der Technik, der Zukunft und, und, und… Und schließlich wissen vor lauter Angst viele nicht mehr, was sie noch essen und trinken sollen, weil "alles vergiftet" erscheint. Ich jedenfalls genieße auch weiterhin ganz angstfrei meinen Wein.

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