Bitte nicht pünktlich sein!

CORDOBA/WITTLICH. Ein Jahr im Ausland zur Schule zu gehen - dieser Traum ist für Christina Steudel wahr geworden. Die Schülerin und TV -Mitarbeiterin berichtet ab sofort in loser Folge von ihren Erlebnissen in Mexico.

Während der Schulzeit ein Jahr ins Ausland zu gehen, war schon immer ein Traum von mir, den ich jetzt endlich verwirklichen kann. Am Anfang stand für mich nur fest: Ich möchte in ein Spanisch sprachiges Land - doch die Auswahl ist groß. Warum es letztlich Mexiko geworden ist, kann ich selbst nicht genau sagen. Mich hat es einfach interessiert, diese ganz andere Lebensweise ganz alleine und weit weg von zu Hause kennen zu lernen. Mir kommt es vor, als wäre die Entscheidung erst gestern gefallen, doch ich bin schon mittendrin in meinem Austauschjahr. In den paar Wochen, die ich jetzt hier bin, habe ich schon viel Neues erlebt und gesehen, das kann man am Anfang noch nicht richtig zuordnen. Erst mal ist alles neu und anders. Doch mit ihrer offenen Art erleichtern die Mexikaner einem das Eingewöhnen erheblich. Jeder kommt direkt auf mich zu, egal, ob in der Schule oder auf der Straße, um zu erfahren, woher ich komme, denn mein europäisches Aussehen ist auffällig. Auf meine mangelnden Spanischkenntnisse wird dabei generell keine Rücksicht genommen, und an die Sprache habe ich mich dann auch schnell gewöhnt. Die Mexikaner sind unheimlich stolz auf ihr Land und wollen Besuchern alles zeigen. So habe ich schon meinen ersten Ausflug in den Regenwald gemacht; mit dem Auto sind es etwa drei Stunden, denn ich wohne nicht weit von Veracruz, im südlichen Teil Mexikos. Es sind aber die alltäglichen Dinge, an die man sich gewöhnen muss. Es dürfte zwar bekannt sein, dass Mexikaner nie pünktlich sind, aber dass es als unhöflich gilt, zur verabredeten Zeit einer Einladung nachzukommen, ist wirklich gewöhnungsbedürftig. Deshalb habe ich es aufgegeben, pünktlich fertig zu sein, wenn ich abgeholt werde.Vier Torten zum Geburtstag

Besonders auffallend ist der Unterschied zwischen Arm und Reich. Meine Gastfamilie beschäftigt in ihrem eher kleinen Haus zwei Dienstmädchen, die rund um die Uhr da sind. Das hat zur Folge, dass ich weder mein Bett machen noch sonst etwas tun muss, und Ärger bekommen habe, als ich meinen Teller abräumen wollte. Geburtstag auf Mexikanisch, das durfte ich direkt eine Woche nach meiner Ankunft bei meinem eigenen erleben. Wie wohl überall wird das Ereignis erstmal in der Schule als Ausrede benutzt, um etwas fauler sein zu dürfen. Also wurden den ganzen Vormittag Geburtstagslieder auf Spanisch, Englisch und Deutsch gesungen. Mittags gab es für mich ein Essen mit der ganzen Familie im Haus der Großeltern, wie es sowieso mehrmals wöchentlich stattfindet. Dort bekam ich die erste meiner vier Geburtstagstorten geschenkt, die nicht zuletzt dazu beitrugen, dass es mir am Abend nicht mehr ganz so gut ging. Das wiederum kann aber auch einfach am vielen Essen liegen, das tun die Mexikaner generell, und bei Feierlichkeiten noch mehr. Das Land fasziniert mich von Tag zu Tag mehr. Ich hoffe, in den folgenden elf Monaten noch viel darüber zu erfahren und dort zu erleben.

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