Buch aus Herforst erobert Korea

HERFORST. Kinder, Tiere, Umwelt: Diesen Themen hat sich Ria Gersmeier buchstäblich verschrieben hat. Die in Herforst wohnende Kinderbuchautorin hat bereits zahlreiche Werke veröffentlicht. Müde wird die 72-Jährige nicht – derzeit verfasst sie Broschüren für das rheinland-pfälzische Umweltministerium und zwölf ihrer Titel werden ins Koreanische übersetzt.

Anfangen hat alles vor mehr als zehn Jahren: Ria Gersmeier startete eine Rettungsaktion für Enten und Schwäne, die in einem überdüngtem See nahe ihres damaligen Wohnorts Köln zu sterben drohten. Zusammen mit Kindern barg die Tierschützerin das Federvieh, erhielt dafür 1993 den Umweltschutzpreis der Stadt Köln und lenkte das Interesse eines Dokumentarfilmers des WDR-Fernsehens auf sich. Etwa zeitgleich begann Ria Gersmeier mit dem Schreiben.Vom Kölner See zum Seehund

"Wir wohnten damals direkt an den beiden zu Köln gehörenden Groov-Seen - eine landschaftliche Oase", erzählt die 72-jährige Dame. "Nach meiner Pensionierung als technische Archivarin bei der Bundeswehr hatte ich endlich Zeit und Muße, mich mit der reizvollen Natur um die beiden kleinen Seen ausgiebig zu befassen." Zu sehen, wie die Gewässer stellenweise vermüllten hat sie zu ihrem ersten Kinderbuch inspiriert, das noch 1993 erschienen ist. "Mein Freund der Seehund" widmet sich am Beispiel der Nordsee der Problematik vermüllter Gewässer. Mit der stolzen Auflage von 11 000 Stück ging das Erstlingswerk beim Coppenrath Verlag in Münster in Druck. "Wenn erst einmal der Anfang gemacht ist, geht es bisweilen fast von alleine", sagt die Autorin. Und der Anfang war gemacht. Von da an folgte Buch auf Buch, und Ria Gersmeier wurde bei der alle zwei Jahre stattfindenden Verleihung der Kinder- und Jugendmedienpreise in Waiblingen zum Dauergast. Und auch für 2006, wenn der nächste Kinder- und Jugendmedienpreis verliehen wird, ist die Herforsterin - als bisher einzige Autorin - bereits nominiert. Doch nicht nur in Deutschland erregt die rührige Dame mit ihren Büchern Aufsehen: Momentan übersetzt der Weinheimer Beltz-Verlag zwölf ihrer Titel ins Koreanische, die im August 2005 in Seoul vorgestellt wurden. Wegen Flugangst bedauert Ria Gersmeier, einer Einladung nach Seoul nicht folgen zu können. Stattdessen wird sie an der südkoreanischen Botschaft in Berlin den dort lebenden koreanischen Kindern aus ihren Büchern vorlesen, und ein Dolmetscher wird den Koreanern ihre Geschichte übersetzen. Zu den Dauerbrennern aus Ria Gersmeiers Feder gehören "Erdmännchen", "Janko, das kleine Wildpferd", "Die Tiere unseres Waldes", "Die Biberfamilie", "Ich bin Max das Kaninchen", "Ich bin Sina das Kätzchen", "Ich bin Benni der Hund" und viele andere. Die drei letztgenannten Titel verraten schon etwas von Ria Gersmeiers subtilen Herangehensweise an die Tiergeschichten: "Ich will die Tiere erzählen lassen, um durch die so erzeugte Nähe zu den Kindern deren Zuneigung und Verantwortungsgefühl zu wecken", erklärt sie. Auch Ria Gersmeiers eigene Kindheitserlebnisse fließen in die Bücher mit ein. So schildert sie in dem gerade in Arbeit befindlichen Titel "Eine Reise in die Vergangenheit" ihre Jahre in Ostpreußen, "als mir Großvater die herrliche Landschaft zwischen kurischer Nehrung, Nidden, Rositten bis hinauf nach Memel zeigte und mir Fauna und Flora erklärte." Für die Recherche zu diesem Buch hat die rüstige Rentnerin bereits eine Reise nach Ostpreußen eingeplant. "Ich freue mich schon darauf, die Gegend und all das, an das sie mich erinnert, noch einmal zu erleben." "Ich muss noch vielauf den Weg bringen" Der Terminkalender der Autorin ist prall gefüllt - Lesungen und Vorträge in nahezu allen Bundesländern sind darin vermerkt. "Ich muss noch viel auf den Weg bringen", sagt die 72-Jährige. Und die Anfragen werden nicht weniger. Für das rheinland-pfälzische Ministerium Umwelt und Forsten schreibt sie Broschüren über bedrohte Tiere und Pflanzen. "Eine dankbare Aufgabe", sagt sie, "da kann man wirklich etwas im Sinne von Tier- und Umweltschutz tun." Die Broschüren, die an Schulen verteilt werden, stellt sie den Kindern meist selbst vor. Weder dafür, noch für Autorenlesungen in Kindergärten, Krankenhäusern oder für Menschen, die aus anderen Gründen nicht mehr zu Lesungen kommen können, beansprucht Ria Gersmeier ein Honorar - angesichts teils erheblicher Kosten sicher keine Selbstverständlichkeit. Mindestens einmal im Monat ist sie für einige Tage mit dem Zug unterwegs. Dass ihre Enkelkinder ihre größten Fans sind, versteht sich fast von selbst. Während das jüngste von vier Enkelkindern noch im Baby-Alter ist und von den Werken noch nicht bewusst etwas mitbekommt, wandelt der neunjährige Lukas bereits auf Omas Spuren. "Er schreibt sich die Seele vom Leib - alles Geschichten mit Hand und Fuß", konstatiert Ria Gersmeier. Kein Wunder, bei der Oma. Er wolle auch Schriftsteller werden, verkündet Lukas. Sein einleuchtendes Argument: "Weil ich dann viel mit dem Zug fahren kann - genau so wie die Oma."

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