Ganz schön international

ESCH. Sie kamen vom Stamme Jakob, Josef, Maria, Matthias oder Margarethe, die 250 Menschen der Familie Klar. Allen gemeinsam sind die Vorfahren Johann und Margarethe Klar, die 1892 in Esch geheiratet hatten. Deren Nachfahren trafen sich nun.

Wer Angst hat, dass die Deutschen aussterben, der hätte am Wochenende eines Besseren belehrt werden können. 250 Mitglieder der Familie Klar trafen sich in der alten Schule in Esch, um alte Freundschaften wieder zu beleben und neue zu knüpfen. Zusätzlich hatte der Clan ein Zelt angemietet, um nur ja Platz genug für alle bieten zu können. Mit Margarethe Brunner, Jahrgang 1874, und Johann Klar, Jahrgang 1861, hatte alles begonnen. Die schlossen 1892 den Bund der Ehe und bekamen fortan Kinder. Insgesamt kam Margarethe zwölfmal nieder, beim letzten Mal gebar sie Zwillinge. Elf Kinder überlebten, heirateten ihrerseits, bekamen Kinder, Enkel, Urenkel. "Auf jeder Beerdigung sprachen wir davon, uns endlich auch einmal in einem fröhlichen Rahmen zu sehen", berichtet Peter Daus, Gatte von Maria, einer derer vom Stamme Matthias. Deren Mutter wiederum ist die einzige noch Lebende aus der Generation der Stammeltern-Kinder: Sie war mit eben jenem Matthias verheiratet. Welch ein Glück, dass die Genealogie eines der Steckenpferde von Peter Daus ist. "Er hat für meine Mutter schon mal zum Geburtstag einen Stammbaum angelegt", berichtet Maria Daus. Erste Vorarbeiten waren also geleistet. Trotzdem steckten die beiden noch einmal anderthalb Jahre in die Vorbereitungen. Zunächst besuchten sie zentrale Figuren aus jedem Stamm, die ihnen die Adressen der Verwandtschaft anreichten, 124 insgesamt. Besonders fruchtbar waren die vom Stamme Georg: Er hatte selbst sechs Kinder, diese wiederum 18, und so weiter. Jeder einzelne wurde angeschrieben und um Rückmeldung gebeten. Das klappte nicht immer: Also hinterher- telefonieren, erinnern, nachbohren... Die Schule mieten, Getränke und Speisen ordern, die Messe bestellen. Als die Stammmutter 1952 starb, hatten bereits 44 Enkel und acht Urenkel um sie getrauert. Parallel erstellte Peter Daus ein informatives Familienbuch: Beginnend mit dem Foto der streng dreinblickenden Stamm-Eltern über Zeichnungen des Ursprungshauses geht es bis zu den zuletzt Geborenen des riesigen Clans. Auch weiterhin bekommen diese Kinder in Hülle und Fülle. Und sind inzwischen ganz schön multikulti: Da werden Frauen aus Italien geheiratet, die Kinder Chiara oder Juliette genannt, und was einst mit einem Landwirt begann, führt nun bis zum Bankdirektor, Küster und Fußballnationalspieler. Spaß hatten die Alten und die Jungen. Nach 30 Jahren sah mancher Cousin seine Cousine wieder, viele sahen sich überhaupt zum ersten Mal. "Es ist faszinierend, wie nah man manchen Menschen ist, obwohl man sie gar nicht kennt", schrieb Francesca vom Stamme Josef ins Gästebuch. Oder Nicole vom Stamme Georg: "Schön zu wissen, dass man dazugehört." In fünf Jahren wird das Treffen in die nächste Runde gehen. Und all jenen, denen so viel Familiensinn fremd ist, denen gibt Peter Daus ein Wort mit auf den Weg, das Konrad Klar während des Treffens vorlas: "Nicht der Fluss fließt, sondern das Wasser. Nicht die Zeit vergeht, sondern wir."

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