Kolumne: Hilf dir selbst, sonst hilft dir keiner

Alstypisch philippinische Eigenschaft spricht mein Reiseführer voneiner Art fatalistischem Gleichmut. Dem möchte ich widersprechen.Tatsache ist, dass es viele verschiedene Ansätze gibt, um diemanchmal übermächtig erscheinenden Probleme anzugehen und zulösen. Trotz jener Verschiedenheit herrscht aber größtenteils Einigkeit in der Analyse der Ausgangssituation: Die Probleme des Landes liegen tief in der Gesellschaft und Regierung begründet. Korruption, Vetternwirtschaft, Ausbeutung der natürlichen Ressourcen. Es erscheint für viele enorm schwierig, etwas daran zu ändern, ohne dabei jenes System selbst grundlegend zu erschüttern oder gar zu zerstören. Ein Lösungsansatz: Revolution. Viele Gruppen mit diversen Vorstellungen über Methoden und Ideologien haben sich diesem Ziel verschrieben. Zahlenmäßig stellen sie eine nicht zu unterschätzende Bewegung dar. Ein Blick zurück in der Geschichte macht jedoch kritisch. Mehr als dreißig Jahre kommunistische Guerilla und zwei (!) Revolutionen innerhalb der letzten beiden Jahrzehnte haben nämlich bisher erstaunlich wenig, um nicht zu sagen gar nichts, geändert.

Viele haben daraus den Schluss gezogen, dass man sich zunächst den unmittelbaren Bedürfnissen der Menschen zuwenden müsse, um die Zeit bis zu umfassenderen Veränderungen zu überbrücken. Gesagt, getan. "Organisieren" ist das Stichwort der Zeit. Selbsthilfegruppen und Kooperativen schießen wie Pilze aus dem Boden und leisten Erstaunliches. Bisher hatte ich Ananas, Bananen und Kokos lediglich mit Essen in Verbindung gebracht. Doch weit gefehlt. Vor ein paar Tagen konnte ich beim Besuch einer der zahlreichen Kooperativen feststellen, dass ich damit recht wenig vom Potential dieser Pflanzen erkannt hatte: Taschen, Hüte, Hemden, Papier und vieles mehr lässt sich aus den Fasern der Blätter herstellen. Im ökologisch orientierten Europa wären diese Produkte sicher ein Verkaufsschlager, aber auch auf dem einheimischen Markt läuft es nicht schlecht und ermöglicht den dort tätigen Frauen ein zusätzliches Einkommen.

Das Resultat ist zunächst einmal deutlich produktiver als die groß angelegten Umsturztheorien und -Versuche. Allerdings sollte dieser kurzfristige, wirtschaftlich positive Effekt nicht zur Dauerlösung werden und das kritische Reflektieren über die strukturellen Probleme ersetzen. Aber muss es immer "entweder - oder" sein?

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