Marderbaby schläft im Katzennest

THALKLEINICH. Einer außergewöhnlichen Herausforderung sieht sich seit wenigen Wochen Alice Rosol aus Thalkleinich gegenüber. Ein kleiner Marder hat es ihr angetan, und ganz schnell hat sie ihn in ihr Herz geschlossen.

Behutsam öffnet Alice Rosol den Reißverschluss ihrer Reisetasche, ertastet vorsichtig das kleine Etwas und befördert es schließlich ans Tageslicht. Vorsichtig öffnet sie ihre Hand, schirmt mit der anderen das kleine Wesen wieder ab, und aus der kleinen Öffnung schaut das haarige Gesicht eines Raubtieres."Gestatten, Marder ist meine Name", könnte der Dialog beginnen, wenn Tiere sprechen könnten. Statt dessen registriert der Beobachter ein aufgerissenes Mäulchen, geschlossene Augen und kleine Bewegungen."Eine meiner Katzen muss den Würmling mit ins Haus gebracht und unter der Heizung abgelegt haben", erklärt Alice Rosol ihre unverhoffte Pflegschaft. Diese Vermutung führt sie zurück auf eine klitze-kleine Verletzung am Kopf des Findlings, wie sie etwa beim Transport im Maul der Katze entstanden sein könnte.Alice Rosol erinnert sich noch genau, dass "ich dreimal hinschauen musste, weil ich nicht glaubte, was ich sah". Seitdem hütet sie das kleine Tier, verabreicht ihm etwa acht bis zehn Mal täglich Katzenmilch, die sie mit einer Spritze in das Maul des Marderbabys befördert. Und die Katzen haben den kleinen kuscheligen Zuwachs auch angenommen. In deren Korb fühlt er sich besonders wohl.Die Rechnung scheint aufzugehen. Das schließt Rosol aus dem Wachstum des Tieres, das bei ungefähr sieben Zentimetern auf mittlerweile 45 Gramm Lebendgewicht gestiegen ist. Die zur Behandlung kontaktierte Tierärztin Sonja Schmitt aus Irmenach schaut hin und wieder nach dem neuen Einwohner in Thalkleinich, und äußerte sich erfreut über das Gedeihen des Tiers. Ihre Kollegin, Tierärztin Tina Caspari räumt dem Fremdling gute Überlebenschancen ein, "weil sich die Nahrung von Marder und Katze nicht wesentlich unterscheidt".Aus dem Internet hat sich die ausgebildete Redakteurin Rosol entsprechende Informationen gesammelt. So weiß sie mittlerweile, dass ein neugeborener Marder zwischen dem 21. und 37. Tag die Augen öffnet. Diese Phase hat sie nach einigen Tagen der "Pflegschaft" miterlebt. Ihre Schätzung des Alters von ungefähr zwei Wochen nach dem Fund sieht sie damit bestätigt. Die Katzenzüchterin will auf jeden Fall den Zögling aufziehen, wenngleich sie nicht weiß, wie er später in der "Wildnis" überleben kann.Trotz aller Bereitschaft nämlich, dem Marder das Leben zu ermöglichen, die "Adoptivmutter" kennt ihre Grenzen: "Wie soll ich ihm denn um alles in der Welt das Jagen beibringen?"Sachdienliche Hinweise zur Marder-Aufzucht habe sie im Internet leider nicht finden können, bedauert Rosol. Allerdings gibt sie ihrer Hoffnung darüber Ausdruck, dass sich irgendwer besser mit Mardern auskennt als sie selbst, oder ein in Frage kommendes Tiergehege zur weiteren Betreuung gefunden wird.

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