Nur noch wenige Schritte

Eine "Etappe der offenen und verschlossenen Türen" auf dem Jakobsweg liegt hinter Peter Reinwald, pensionierter TV-Redakteur. Nur noch wenige Kilometer trennen ihn von dem Grab des Apostels Jakob in Santiago de Compostela.

Palas de Rei/Trier. (kat) Vergeblich hat Peter Reinwald an einer Herbergstür in Portomarin angeklopft. "Alles belegt", hieß es dort. Der Pilger machte getreu seiner Lebensphilosophie das Beste aus der Situation und besann sich seiner treuen Weggefährtin, der lilafarbenen Isomatte. Er richtete sich ein Nachtquartier unter spanischem Himmel ein. Solange bis ein Bauer vorbeifuhr und Mitleid mit dem Nachtlagerer hatte. Unser Jakobs-Wanderer folgte der Einladung, stieg auf den Traktor und tuckerte mit dem barmherzigen Landwirt zu dessen Hof. Ins wärmende Heu legte sich Peter Reinwald in dieser Nachtzum zweiten Mal schlafen und war überrascht und ergriffen von der erlebten Herzensgüte. Enthusiasmus schwingt ebenso mit, wenn er von dem Kloster San Julián in Samos, das 650 gegründet wurde, erzählt. Wegen dieses kunsthistorisch interessanten Baus entschied sich der TV-Redakteur in Triacastella die sieben Kilometer längere Strecke über Samos nach Sarria zu gehen. Der klassische Hauptweg führt über Calvon. Kraft der Speisen und Säfte aus der spanischen Küche und den Weinbergen war auch dieser sieben Kilometer lange Schlenker mehr Freud als Leid für den topfitten Jakobs-Wanderer. Und vor dem Kloster keimten kurz heimatliche Gefühle auf. "Ein Stuttgarter stand verzweifelt vor verschlossen Türen", erzählt Peter Reinwald. Und während einige Zeit später die imposante Führung durch die alten Gemäuer entlang unsagbarer Schätze unseren Pilger erstaunten, habe der geschichtshungrige Schwabe verschlafen — draußen vor der Tür.Ob Wallfahrer mit Nordic-Walking-Stöcken, verpennte Pilger oder rettende Engel, Peter Reinwald schätzt die Zusammentreffen mit unterschiedlichen Charakteren. Mit Siebenmeilenstiefeln geht er die jahrhundertealte Route. Was unseren Pilger bei seiner Ankunft bewegen wird, lesen Sie morgen im TV. Nach 800 Kilometern strammer Wegtreterei ist er angekommen: in Santiago de Compostela und ein Stück weit mehr bei sich selbst.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort