Pulsierendes Leben

BERNKASTEL-WITTLICH. (peg) Das Bündnis für Menschlichkeit und Zivilcourage macht wieder von sich reden. Junge Menschen aus Polen und Deutschland sind gerade nach Israel geflogen, um dort mit jungen Arabern und Juden gemeinsam an der Völkerverständigung weiterzuarbeiten.

 Hans Richarts, Jakob Isselstein und Eva Ross (von links) am Vorabend ihres Abflugs nach Israel. Ein kleines Abschiedsfest im Tennishäuschen von Osann nutzten sie zu allerletzten Absprachen.Foto: Petra Geisbüsch

Hans Richarts, Jakob Isselstein und Eva Ross (von links) am Vorabend ihres Abflugs nach Israel. Ein kleines Abschiedsfest im Tennishäuschen von Osann nutzten sie zu allerletzten Absprachen.Foto: Petra Geisbüsch

"Dies ist ein Projekt mit vielen Dimensionen", eröffnet Renate Khoschlessan das Gespräch mit dem Trierischen Volksfreund . Um sie herum pulsiert das Leben: Die Gruppe junger Menschen aus Deutschland und Polen, die sich gerade mal eine Woche kennt, feiert im Tennishäuschen von Osann Abschied von der Mosel. Am nächsten Morgen geht es nach Israel. Dieses Land kennen die meisten von ihnen bisher nur von Schreckensmeldungen aus den Nachrichten. Tote, Blut und Attentate: Wer nicht dort war, kann sich den normalen Alltag in Israel nicht vorstellen, weder den von Juden noch den von Muslimen oder Christen. Das Bündnis für Menschlichkeit und Zivilcourage kümmert sich seit Jahren um die Völkerverständigung. Dabei erschöpft sich die Arbeit nicht im abstrakten Diskutieren. Das Bündnis glaubt vielmehr an Politik zum Anfassen: Es bahnt immer wieder persönliche Kontakte an und organisiert Treffen von Menschen verschiedener Nationalitäten. Diesmal reisen acht deutsche und acht polnische junge Menschen aus der Region Ottmachau nach Israel, wo sie gemeinsam mit gleichaltrigen Juden und Arabern eine über 2000 Jahre alte Siedlung bei Beer Sheba ausgraben werden. Rimon Old Synagoge heißt der Ort, wo auch heute noch Beduinen einige der historischen Höhlen nutzen. Hans Richarts aus Lieser, Student der Agrarwissenschaften in Bonn, möchte sich als Deutscher bewusst mit Israel auseinander setzen. "Ich bin sehr gespannt, was mich dort erwartet", sagt er und meint damit nicht nur die politische Situation. Er freut sich auf die historischen Stätten, die er endlich mit eigenen Augen betrachten kann. Ähnlich sieht es der 17-jährige Jakob Isselstein, Schüler aus Wengerohr. "Ich will das Land endlich anders kennen lernen als immer nur durch die Nachrichten."Lebensumstände kritisch beleuchten

Renate Khoschlessan hat in den vergangenen Monaten kräftig die Werbetrommel für das Projekt gerührt. Schließlich braucht es Geld für das aufwändige Vorhaben, das sich über insgesamt vier Wochen erstreckt. Ein großer Betrag kam von der Stiftung Erinnerung, Verantwortung und Zukunft mit Sitz in Berlin. Auch das deutsch-israelische und das deutsch-polnische Jugendwerk waren großzügig. Land, Kreis und Verbandsgemeinde zahlten ebenfalls in den großen Topf ein. So müssen die Polen lediglich 200 Euro, die Deutschen nur 400 Euro pro Nase aufbringen, sämtliche Aktivitäten, Flug und Verpflegung in Israel inbegriffen. Dazu gehören neben der archäologischen Arbeit auch Empfänge beim deutschen Botschafter sowie bei den Bürgermeistern von Jerusalem und Tel Aviv, Besuche bei drusischen und Beduinenfamilien sowie Ausflüge in Israel. Trotz des vollen Programms wird der Spaß nicht zu kurz kommen. Die Gruppen haben Abende vorbereitet, an denen sie ihr Lebensumfeld kritisch und humorvoll beleuchten. Der deutsche Beitrag: eine Pantomime über einen Landsmann am Samstag. Auto waschen, Rasen mähen, Bildzeitung lesen, Sportschau schauen, Bier trinken und auf der Couch liegen. Die Polen zeigen, wie sie im real existierenden Sozialismus einkaufen gingen, oder besser gesagt nicht einkaufen gingen. Ursprünglich hatte man das Projekt mit jungen Palästinensern geplant. In der aktuellen Situation der Intifada ist das nicht realisierbar: Sie würden riskieren, vom eigenen Umfeld als Verräter gebrandmarkt und umgebracht zu werden.

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