Der Kopf von 41 000 Sportlern

BERNKASTEL-WITTLICH. Er vertritt das "größte funktionierende Jugendzentrum im Landkreis", wünscht sich einen gemeinsamen Fonds der Kommunen für die Vereine und blickt nach vorn: Manfred Neumann ist als Sportkreisvorsitzender Ansprechpartner für mehr als 41 000 Aktive im Landkreis Bernkastel-Wittlich.

Sie sind seit 1994 Sportkreisvorsitzender. Was hat Ihnen Ihr Vorgänger Alfons Ertz mit auf den Weg gegeben?Neumann: In der Funktion des Sportkreisjugendwartes verband mich mit Alfons Ertz eine 19-jährige vertrauensvolle Zusammenarbeit, die ich 1994 als Sportkreisvorsitzender nahtlos weiterführen konnte. Dabei war entscheidend, dass ich als Ansprechpartner für die Vereine immer zur Verfügung stand. Ein Verdienst von Alfons Ertz. Welche Akzente wollten Sie bei Antritt mit Ihrer Arbeit setzen, auf welche Erfolge sind Sie besonders stolz, woran sind Sie gescheitert?Neumann: Ein wesentlicher Punkt meiner Arbeit sollte die Einrichtung einer zentralen Anlaufstelle für die Vereine vor Ort sein. Daran bin ich bis heute gescheitert. Der Kontakt zu den Vereinen besteht aus persönlichen Gesprächen vor Ort, sprich beim jeweils Rat suchenden Verein und durch die Kommunikationsmöglichkeiten der heutigen Technik wie Telefon und E-Mail. Besonders stolz bin ich auf das fast uneingeschränkte Vertrauen der Vereine in meine Person und zu den von mir empfohlenen Ratschlägen zum Wohle der Vereine. Schwerpunkt dieser Arbeit ist die Hilfestellung bei Anträgen für die Sanierung von Sportanlagen. Allein im Jahr 2006 konnte der Sportbund Rheinland eine Zuschusssumme von rund 95 000 Euro gewähren. Dazu kommen noch 50 000 Euro von der Kreisverwaltung. Allein über dieses Ergebnis freue ich mich besonders mit den sporttreibenden Vereinen. Sie haben einmal gesagt, dass Sie quasi das größte funktionierende Jugendzentrum im Landkreis vertreten. Heute sind unter den 41 059 Mitgliedern in 229 Vereinen 17 000 Kinder und Jugendliche aktiv. Welche Hilfe der öffentlichen Hand für die in den Vereinen geleistete Jugendarbeit wäre Ihr Wunschtraum? Neumann: Mein größter Wunschtraum wäre die finanzielle Unterstützung aller kommunalen Einrichtungen des Landkreises für möglichst alle jugendspezifischen Aktionen der Vereine. Während es punktuelle Unterstützung von vielen kommunalen Einrichtungen gibt, stelle ich immer wieder fest, dass es Ortsgemeinden und auch Verbandsgemeinden und Städte gibt, die sich sehr zurückhalten, wenn es um die Förderung der sporttreibenden Vereine geht. Mein größter Wunsch wäre ein gemeinsamer Fonds, für den die Kommunen einen Beitrag leisten, und aus dem die Vereine gefördert werden könnten. Ein Dauerthema scheint die Schwierigkeit zu sein, in Vereinen Vorstandsfunktionen zu besetzten. "Früher" wäre so was doch eine Ehre gewesen, oder? Woran liegt es, dass das heute wohl nicht mehr so ist? Neumann: Probleme bei der Besetzung von Vorstandsfunktionen gibt es durch den gesellschaftlichen Wandel. Veränderte Arbeitszeiten, Schichtdienste und eine Bürokratisierung der Vereinsarbeit stellen eine große Herausforderung an jeden Einzelnen dar, die nicht ausreichend von der Gesellschaft anerkannt wird und die der Bereitwillige nicht immer zu seiner eigenen Zufriedenheit wahrnehmen kann. Im Jahre 1997 hatten wir 290 Positionen in den Vereinsvorständen nicht besetzt. Das sind 23,91 Prozent. Heute sind es bereits 380 nichtbesetzte Vorstandsfunktionen und 31,07 Prozent. Tendenz steigend. Das Thema Nachwuchs ist nicht nur angesichts des befürchteten Bevölkerungsschwundes ein großes. Wie können Sie in Ihrer Funktion gegensteuern, inwieweit können Sie als übergeordnete Organisation den Vereinen vor Ort helfen, Tipps geben, Zuschüsse besorgen etc., damit weiterhin neuer Nachwuchs mitmacht? Neumann: Vereine, die bemüht sind, entsprechende Angebote für Kinder und Jugendliche zu machen, haben meine uneingeschränkte Unterstützung in der fachlichen Beratung und in finanzieller Hinsicht. Wir, der Sportbund Rheinland und die Sportjugend Rheinland helfen in finanzieller Hinsicht bei fast allen Aktivitäten der Vereine. Fehlende Vorstandsmitglieder, insbesondere im Jugendbereich, stellen die Vereine vor die sehr schwierige Situation, geeignete Vorstandsmitglieder für den Jugendbereich zu akquirieren. Wir beschreiten einen neuen Weg und suchen für "Projekte" in der Jugendarbeit Mitarbeiter, die sich nach der Durchführung eines Projektes wieder zurückziehen können und keine ständige Verpflichtung gegenüber den Vereinen eingehen müssen. Wenn es uns gelingt, dass die Vereine für die Kinder und Jugendlichen Betreuer, Übungsleiter und Trainer finden, dann haben wir keinerlei Nachwuchsprobleme in den Vereinen. Sie beraten und repräsentieren die Vereine auf Kreisebene. Was können Sie über die Sportbegeisterung unserer Landrätin sagen? Neumann: Mit unserer Landrätin besteht ein ständiger Kontakt in sportlichen Fragen jeglicher Art. Dies findet seinen Niederschlag in der Mitwirkung im Sportstättenbeirat, Jugendhilfeausschuss und auch in persönlichen Gesprächen, wenn einzelne konkrete Probleme auftreten. Es wird versucht, die von mir vorgetragenen Argumente aus sportlicher Sicht in eine gemeinsame Lösung einzubinden. Bei unserer Landrätin fühle ich mich akzeptiert und anerkannt. Es ist eine vertrauensvolle Zusammenarbeit, auf die der Sport stolz sein kann. Detailkenntnisse unserer Landrätin über die sporttreibenden Vereine verblüffen mich oft, und ihre Präsens bei Vereinsveranstaltungen ist bemerkenswert. Welche große Aufgabe wollen Sie 2007 angehen? Neumann: Für den Sportkreis Bernkastel-Wittlich ist die Aktion "Sportbund on Tour" am 9. Juni in Bernkastel-Kues das herausragende Ereignis 2007. Hier gilt es insbesondere, die Vereine im Bereich der Stadt und Verbandsgemeinde Bernkastel-Kues zu aktivieren und bei der Veranstaltung aktiv mitzumachen. Zu einem ersten Gespräch am 1. Februar in der VG Bernkastel-Kues sind dazu alle sporttreibenden Vereine des Kreises eingeladen. In Wittlich denkt man jetzt laut über den Bau eine Mehrzweckhalle nach. Ein notwendiges Projekt? Neumann: Eine Mehrzweckhalle in Wittlich bringt nicht die notwendigen Zeiten für den Sportbetrieb, den Wittlich insgesamt benötigt. Kommerzielle Veranstaltungen, sie bringen ja Geld ein, blockieren oftmals die Halle für den Vereins- aber auch für den Schulsport, und das kann nicht gewollt sein. Ich selbst mache diese Erfahrungen mit der Mehrzweckhalle in Dreis. Oftmals ist die Halle vermietet, die Gemeinde braucht Geld, und der Vereins- und Schulsport muss auf Trainings- und Übungszeiten verzichten. Eine angestrebte Lösung, wie sie die Kreisverwaltung vorgeschlagen hat, scheint mir eine optimale Lösung für die b eteiligten Schulen und Vereine zu sein. Ich gestehe, dass eine Großsporthalle der Stadt sehr gut zu Gesicht stehen würde - und sie wird auch benötigt - wenn sie halt eben zu finanzieren ist. Sie haben ja auch schon einmal nach Reformen gerufen, eine Verschlankung der Strukturen nach oben gefordert. Warum genau? Neumann: Die 1999 vorgelegte Strukturreform sah vor, dass neben dem Landessportbund die Sportkreise gestärkt werden sollten. Leider wurden nicht die Sportkreise sondern die regionalen Sportbünde gestärkt, die jedoch zu weit von den Vereinen entfernt sind. Eine Stärkung der Sportkreise hätte den Vorteil, dass die Vereine sich unmittelbar und im persönlichen Kontakt die Informationen einholen könnten, die sie benötigen. Eine zentrale Anlaufstelle im Sportkreis könnte eingerichtet werden, um möglichst jedem Verein die Gelegenheit zu geben, sich im persönlichen Gespräch über die notwendige Hilfestelle zu informieren. Die zukünftige Struktur des Sports sollte aus der Sicht der Vereine und der Sporttreibenden von unten erfolgen. * Die Fragen stellte unsere Redakteurin Sonja Sünnen.

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