Erst die Wutz geschlacht, dann Musik gemacht

HEIDENBURG. Die Wurzeln der Heidenburger Blasmusik reichen bis ins Jahr 1903 zurück. Doch erst 1959 wurde ein Verein gegründet, der fortan "Frohsinn" hieß. Zurzeit wagen 20 weibliche und männliche Musikanten unter Dirigent Helmut Schander einen Neuanfang.

Er ist Vereinskoch, Witzbold, Antreiber und leidenschaftlicherMusikant. Wenn er von seinem Musikverein "Frohsinn" Geschichtenund Anekdoten erzählt, funkeln seine Augen, und sein Gesichtstrahlt. Die Rede ist von Herrmann Stein, dem 71-jährigenMusik-Senior, der seit Vereinsgründung aktiv ist. "Herrmann istdie Seele des Vereins, ein Vorbild für unsere musikalischeJugend," sagen die beiden ehemaligen Vorsitzenden Otmar Hoffmannund Rudolf Gorges übereinstimmend. Stein war nicht nur 1964 fürdrei Jahre Dirigent, sondern ist bis heute Kirchenchorleiter.Stein kann sich noch gut an seine musikalischen Anfangsjahreerinnern, die Heinrich Paulus als erster Vorsitzender und JohannMattes als Dirigent begleiteten. Mattes' Nachfolger hieß OttoWoitschach. Dieser erntete einerseits die Früchte mit dem damals14-köpfigen Orchester, andererseits drückte er durch eine regeMusiktätigkeit seinen ureigenen Stempel auf. "Frohsinn", dasmusikalische Aushängeschild des mittlerweile 750 Einwohnerzählenden Dorfes, umrahmt nicht nur die kirchlichen und dieweltlichen Gemeindefeste, die Musikanten spielen auch auswärts.Von einem Ausflug, der sie vor 25 Jahren nach Wincheringenführte, spricht die Musikfamilie noch heute. Da sie damals alsletzter Gastverein auftraten, hielten sie sich bis 24 Uhr amWeinstand auf. Die 1976er Bacchus-Auslese hob nicht nur dieStimmung, sondern später auch die Spiellaune. Geselligkeit wirdeben beim Heidenburger Musikverein groß geschrieben. Seit 1967tat man dies ausgiebig einmal im Jahr mit befreundeten Vereinenbeim Wald- und Heimatfest im Waldstück "Strietchen". Seit zweiJahren jedoch wird Ende Juli im vereinseigenen Wald anstatt desWaldfestes die etwas aufgepeppte Sommernacht gefeiert. Nicht nur dann ist es von Vorteil, dass die "Frohsinnigen" Hobbyköche, Winzer oder Schlachter in ihren Reihen haben, denn so manche Wutz wurde schon geschlachtet. Das letzte Schwein steuerte der heutige Dirigent Helmut Schander bei. Als Gegenleistung für altes Brot und Brötchen hat der Bäckermeister von einem Bauern eine Sau erhalten. Von deren Fleisch zehrte man als Braten und Wurst verarbeitet fast ein ganzes Jahr lang, da immer nach den Proben aufgetischt wird. Außer es hat eine oder einer Geburtstag. Dann darf sie oder er für die Stärkung sorgen und zudem am Schluss der Übungsstunde ein selbstgewähltes Musikstück dirigieren.

Als 1972 der damals erst 23-jährige Rudolf Gorges Vereinschef wurde, ging ein Ruck durch den Verein. Vielleicht trug die neue Uniform mit der giftgrünen Jacke, die Gorges beschaffte, mit dazu bei, dass die Erfolgskurve nach oben schnellte. Es sollte allerdings noch bis 1982 dauern, bis der MV Frohsinn beim Wertungsspielen in Thalfang mit der Note "Sehr gut" mit Auszeichnung den größten Vereinserfolg erzielte. In diesen Tagen steht der musikalische Botschafter des Hunsrückdorfes vor einem Neuanfang. Nach der Ära Paul Lauck, der Ende 2002 nach 25 Jahren den Dirigentenstab niederlegte, steht seit 9. November der gebürtige Neumagener und Wahl-Heidenburger Helmut Schander am Pult. Schander tendiert eher zur leichten Musik, was heißt, dass er vorwiegend alte Schlager, Flower Power Musik und Evergreens ins Repertoire aufnimmt. Außerdem will der fast 50-Jährige seine 30-jährige Erfahrung als Tanzmusiker beim "Frohsinn" einbringen, diejenigen wieder zurückholen, die irgendwann mal ausgebildet wurden und nicht mehr spielen, sowie die Heidenburger Jugend anspornen, sich dem Musikverein anzuschließen. "Wenn von unserer Musik irgendetwas hängen bleibt, ist das die wichtigste Botschaft unseres Vereins", sagt der musikalische Bäcker und freut sich auf die Zukunft, in der hoffentlich wieder größere ,,Brötchen gebacken" werden.

Am kommenden Wochenende lädt der Musikverein zum Frühlingskonzert ein: Am Sonntag nach der Messe um 10 Uhr in der Pfarrkirche.

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