"Wir haben einfach Lust am Singen"

WITTLICH. Augen schließen, Schultern lockern, wilde Stimmen in allen Tonlagen machen: Die Lockerungs- und Stimmübungen nehmen einen wichtigen Platz ein bei den Proben des Frauenchores "Rock & Blu(e)s".

Für die einen ist das Singen im Chor ein angenehmer Ausgleich zum Beruf, ihr liebstes Hobby, ein terminlicher Fixpunkt, an dem nichts zu rütteln ist, für manche gar "das" Lebenselixier. Die rund 50 Frauen von Eifel und Mosel, die mittlerweile im Chor "Rock & Blu(e)s" singen, stehen meist mit beiden Beinen im Berufsleben, haben Kinder, Häuser, sind aktive Parteimitglieder, tragen vielerlei Verantwortung, kurz: haben eigentlich gar keine Zeit für brotlosen "Schnickschnack" wie das Singen. Dennoch bleibt dieses bunte Völkchen sich seit Jahren treu, trifft sich nicht nur zu den üblichen Proben, sondern weiterhin zu langen Chorwochenenden und Workshops. Aus einem solchen ist 1998 alles entstanden. Die nicht von Anfang an dabei waren, mussten sich in Geduld üben, bevor sie in den illustren Kreis jener aufgenommen wurden, die miteinander singen, ohne Noten lesen zu müssen. Zum Beispiel Karin Thyssen, temperamentvolle Ex-Grundschullehrerin, die, als sie nach Jahren auf der Warteliste die Nachricht erhielt, nachrücken zu können, jubelnd über den Schulhof hüpfte: "Ich darf in den Chor, ich darf in den Chor!" "Sie ist also auch unser Orchester"

Hier singt sie längst Lieder mit wie "It must be love", "Killing me softly", "Mr. Sandman", "...aber schön muss er sein", "Ich brauche keine Millionen" und das obligatorische "Liebe ist mollig". "Ja, wir haben einfach Lust am Singen", fasst es Schriftführerin Uschi Bastgen zusammen, eine der wenigen Chorfrauen, die ihre Tage "nicht in irgendeinem Business verbringen", wie sie sagt. Trifft man, pardon, frau sich im Chor, wird gesungen, sonst gar nichts, nicht über Strickmuster, Kochrezepte oder Krankheiten gesprochen. So kommt es, dass sie inzwischen die Lieder drei- und vierstimmig präsentieren, und alles nur mit Hilfe von Text-, nicht von Notenblättern, denn die könnten die meisten gar nicht lesen. Macht gar nichts, denn hier läuft das Lernen über das Gehör. Chorleiterin Ira Barwick, Dreh- und Angelpunkt des Chores und studierte klassische Sängerin aus dem Opernfach, setzt die Stücke eigenhändig und probt sie, geduldig, aber hartnäckig mit "ihren" Frauen ein. Sie singt fast immer mit, spielt die Gitarre dazu - "sie ist also auch unser Orchester!" -, denkt immerwährend über Erweiterungen des Repertoires nach, und bezieht nach eigener Auskunft selbst eine Menge Energie aus der Arbeit für "Rock & Blu(e)s". Das Geben und Nehmen läuft also in zwei Richtungen. "Mich muss etwas fesseln", sagt Barwick, "sonst kann ich es nicht überzeugend weitergeben." Und das tut sie gerade jetzt wieder, wo sie sich selbst gesanglich weiterbilden lässt und alles brühwarm mit dem Frauenchor teilt. Drei Frauen haben das Virus Singen übrigens schon innerfamiliär weiter gegeben - sie brachten ihre Töchter mit in den Chor. In diesem Monat präsentiert der Chor sein Können gleich zweimal: Am Samstag, 16. September, 20 Uhr, in der Synagoge Wittlich, Vorverkauf im Alten Rathaus, und am Samstag, 23. September, 20 Uhr, im Hotel Burg Landshut in Bernkastel-Kues, Vorverkauf im Kurgastzentrum.

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