Beste unter den Guten

HUPPERATH. Die Lossprechungsfeier brachte es an den Tag: Der beste Schreinergeselle im ganzen Kreis ist eine Gesellin. Von 100 möglichen Punkten erhielt Daniela Bastian stolze 96,5.

"Das hatten wir schon lange nicht mehr", sagt Gerhard Simon anerkennend. Der hatte vor drei Jahren das Talent und die Ernsthaftigkeit der frisch gebackenen Abiturientin erkannt und sie zur Ausbildung in seinen Betrieb nach Hupperath geholt. Der Termin mit ihm war das erste und einzige Vorstellungsgespräch der Morbacherin gewesen - es passte für beide Seiten einfach alles. Und dabei ist es geblieben. In keiner anderen Schreinerei im Umfeld hätte Daniela zum Beispiel ihr Gesellenstück anfertigen können. Bei Simons waren die technischen Voraussetzungen für die Liege mit passendem Beistellmöbel gegeben, die ihr die lange nicht mehr erzielten 96,5 Punkte von der Prüfungskommission einbrachten. Das minimalistische und dennoch anmutige Ensemble aus amerikanischem Kirschbaum mit blauem Leder, das sich gut im Wellnessbereich eines Hotels machen würde, war etwas Besonderes zwischen den üblichen Schränkchen und Kommoden der meisten anderen Gesellen. In der Technik der Formverleimung ausgeführt, belegt es sowohl das handwerkliche als auch das künstlerische Geschick der jetzt 21-Jährigen, die parallel zur Ausbildung in Hamburg ein Kurzstudium der Betriebswirtschaftslehre absolviert. "Das geht nur dort", sagt sie, und fährt zwei Monate pro Jahr in den Norden, um sich acht Stunden am Tag mit BWL, VWL, Finanzwirtschaft, Recht, mit Marketing und Personalführung herumzuschlagen. Der Lohn wird bereits im kommenden Jahr der Titel "Holzbetriebswirtin" sein, der ihr die notwendige Sicherheit gibt, den elterlichen Betrieb in Morbach einmal übernehmen zu können. Am Ende dieses neuen, kombinierten Ausbildungsgangs wird sie auch zwei von vier Scheinen schon in der Tasche haben, die Bedingung für den Erwerb des Meistertitels sind. Doch da Daniela nichts dem Zufall überlässt, wird sie sich danach weiter schulen lassen. In mindestens zwei weiteren Schreinerbetrieben möchte sie noch Erfahrungen sammeln, bevor sie eventuell den Vater in seiner Verantwortung ablöst: Der hat sich nämlich auf Treppenbau spezialisiert, und davon hat sie bei Simons nichts gesehen - es kommt hier schlicht nicht vor. Dass sie beim Schreinern bleibt, steht für die junge Frau, die bis in die zwölfte Klasse hinein überhaupt nicht wusste, was sie beruflich einmal werden wollte, inzwischen fest. "Ich mache etwas mit den Händen", sagt sie zufrieden, "und sehe, was ich geschafft habe." Auch, wenn heutige Schreiner eine breite Palette von Materialien von Glas über Metall bis zu Nicht-Brennbarem und Kunststoffen verarbeiten, so habe sie doch immer wieder massives Holz in Händen, und dieses Material liebe sie sehr. Dass sie sich bei Bedarf die ganze Einrichtung zimmern kann, findet sie genauso reizvoll. So tragen neben anderen Gegenständen auch die prämierte Liege und das Beistellmöbel dazu bei, ihrem Zuhause eine unverwechselbare, geschmackvolle Note zu geben.

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