Biomasse bringt massenhaft Jobs

BIRKENFELD. Mittlerweile zum vierten Mal trafen sich Wissenschaftler, Landwirte, Finanzdienstleister und Kommunalpolitiker zur Biomasse-Tagung am Umwelt-Campus Birkenfeld. Die Potenziale der nachwachsenden Rohstoffe in Rheinland-Pfalz würden längst noch nicht ausgeschöpft, waren sich die Fachleute einig.

"Es sind alles Entscheider, die hier sind", beschrieb Professor Peter Heck vom veranstaltenden Institut für angewandtes Stoffstrom-Management (Ifas) die Teilnehmerstruktur. Die große Nachfrage führte er nur zu einem geringen Teil auf die gestiegenen Ölpreise zurück. "Das Interesse an solchen Tagungen steigt grundsätzlich", betonte auch Uwe Büsgen vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU), der die Tagung eröffnete. Biomasse sei eine bedeutsame Alternative zu Atomenergie und fossilen Energieträgern. Der Schwerpunkt an beiden Tagen lag im Bereich der Biomasse-Potenziale, der Projektentwicklung und dem Werdegang "vom Landwirt zum Energiewirt". Viele Bürgermeister informierten sich vor Ort über konkrete Projekte, wenn sie nicht längst involviert sind. Wie Irrels Bürgermeister Hans-Michael Bröhl, in dessen Verbandsgemeinde konkret über ein Nahwärmenetz nachgedacht wird. Dort sollen künftig das Schulzentrum, der Kindergarten, die VG-Verwaltung, die Feuerwehr, ein Seniorenwohnheim und ein geplantes Gewerbe- und Dienstleistungszentrum durch ein Holzhackschnitzel-Heizwerk versorgt werden. "Es sieht aus, als wäre es für uns rechenbar", sagte Bröhl im Gespräch mit dem TV . In Morbach ist man schon einen Schritt weiter. Der erste Tagungsbesuch von Rathausmitarbeiter Michael Grehl vor vier Jahren mündete letztlich in die Planung der Morbacher Energielandschaft (MEL), in der neben Sonne und Wind auch verschiedenste Biomassen genutzt werden sollen. Nach einem Masterplan, den das Ifas erstellt hatte, werden derzeit Bebauungspläne vorangetrieben. In der MEL sollen unter anderem eine Biogas- und eine Pelletier-Anlage entstehen. Vier Prozent des Primärenergieverbrauchs können in Rheinland-Pfalz kurzfristig durch Biomasse gedeckt werden, glaubt Ifas-Mitbegründer Heck. Doch in einzelnen Sektoren könne die Biomasse eine größere Rolle spielen. Längerfristig seien bis zu 15 Prozent und mehr möglich. "Im ländlichen Raum könnte man beispielsweise im Bereich der öffentlichen Gebäude komplett auf Bio-Energie umstellen", zeigte Karl Keilen vom Mainzer Umweltministerium Chancen auf. Hohe Investitionen und eine aufwändige Planung sind für den notwendigen Anlagenbau und die Installation notwendig. Aber dadurch entstehen schließlich auch neue Tätigkeitsbereiche für das lokale Handwerk, für Lohnunternehmer, Landwirte und Forstwirtschaft. Biomasse-Anlagen seien deshalb, so Heck, auch ein Beitrag zu regional nachhaltiger Wirtschaftsförderung. Landesweit gebe es Chancen für 2400 Holzhackschnitzel-Heizungen und 1800 Biogas-Anlagen. 29 000 Menschen würden bundesweit in diesem Bereich arbeiten, 300 000 können es werden, prognostizierte dagegen der Fachmann vom BMU in Berlin.Vieles krankt an Kommunikationsdefiziten

"Der Markt ist absolut aufnahmefähig", glaubt auch Keilen an die Chancen der Bio-Ressourcen. Schließlich gehe es lediglich darum, Importe wie Öl und Gas zu verdrängen. Warum dies bislang so zögerlich klappt? Es hapert häufig genug noch an der Kommunikation, sind sich die Beteiligten einig. Häufig stößt man auf viel Skepsis. Eine häufig gestellte Frage: Wo kommt das benötigte Holz für ein Kraftwerk her? "Aber die Logistikkette kann im eigenen Dorf doch nicht komplizierter sein als vom Irak nach Deutschland", schüttelte Heck mit Blick aufs Öl den Kopf. Erforderlich sei ein Stoffstrom-Management mit dem Ziel, eingesetzte Ressourcen möglichst effizient zu nutzen, eine Idee, die ihre Ursprünge in der Abfallwirtschaft und in der chemischen Industrie hat. In die Öko-Ecke will Heck sich übrigens nicht drängen lassen: "Was wir tun, muss sich rechnen." Um erneuerbare Energien vom Image der "Liebhaberei für Ökofreaks" zu befreien, müssen diese auch konkurrenzfähig sein.

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