Geländersprossen in allen Variationen
NIEDERSCHEIDWEILER. Großvater, Vater und Sohn: Das Arbeiten mit Holz liegt der Familie Klas quasi im Blut: Sie betreibt seit über 100 Jahren ihre Schreinerei in Niederscheidweiler.
Die Familie Klas hatte immer geglaubt, ihre Schreinerei sei 1887 gegründet worden. Bis Norbert Klas sich eine Auskunft bei Schimmelpfennig einholte: Dort ist der Betrieb seit 1860 notiert. "Demnach müsste schon mein Urgroßvater Schreiner oder doch Stellmacher oder etwas Ähnliches gewesen sein", mutmaßt Rudolf Klas, Vater von Norbert und noch immer der Firmeninhaber. Mit 72 Jahren scheint das ungewöhnlich. Rudolf Klas winkt ab, was er im Übrigen, wiederum ungewöhnlich zumindest in seiner Sparte, noch mit allen zehn Fingern tut. "Erstens kann man mich wahrscheinlich noch gebrauchen", sagt er, "und zweitens kann ich nicht den ganzen Tag spazieren gehen". Bis heute übt er seinen Beruf voller Vergnügen aus: Er arbeitet einfach gerne. Gut nach Holz duftet es bei Klas, hier wird wenig mit Kleb- und Kunststoffen und noch richtig mit Massivholz gearbeitet.Schwerpunkt auf Fenster und Türen
Schreiner, sagt er, sei er geworden, weil sein Vater einer war, wahrscheinlich so ähnlich, wie das eine Generation weiter bei seinem Sohn gewesen sei. Der nickt. Bei beiden schwingt jedoch nicht die Andeutung von Bedauern mit, im Gegenteil. Mit dem Standort am Ortsrand von Niederscheidweiler sind sie hoch zufrieden. Ebenso mit dem Gesellen Stefan Lehnen, der seit dem Jahr 2002 das familiäre Gespann ergänzt. Und das Gespür für Tendenzen auf dem stark Trends und Moden unterworfenen Markt für Inneneinrichtungen ist ihnen nie abhanden gekommen. So hat man sich, nachdem sich Vater Rudolf bereits in den 60er-Jahren auf Fenster und Türen verlegt hatte, seit über zehn Jahren auf Holztreppen spezialisiert - genauer gesagt auf die Geländersprossen dieser Treppen, die wiederum andere Schreinereien fertigen. Kommissionsweise verlassen ihre Sprossen die Werkstatt, per Fax exakt auf Maß, Stückzahl und Zeitpunkt geordert von Stammkunden, die ihnen inzwischen so viel Vertrauen entgegen bringen, dass sie unbesehen zugreifen. Natürlich, auch ihnen könne mal ein Fehler unterlaufen, nicken Rudolf und Norbert, aber es seien offenbar deutlich weniger als anderswo. Das verschaffe ihnen auch in wirtschaftlich harten Zeiten so manchen Auftrag, der sonst sicher ins billigere Osteuropa ginge. Aber dort gebe es eben zu viel Ausschuss. Und weniger Individualität, wie sich am Muster-Geländer offenbart, auf dem Vater und Sohn eine Auswahl der Sprossen präsentieren, die sie fertigen. Alle selbst entworfen, und zwar von beiden Herren Klas, womit bewiesen wäre, wie spielend sich einer noch mit 72 Jahren in den Geschmack junger Leute hineindenken kann. Mal ganz aus Holz, mal ganz aus Stahl, mal beide Materialien in interessanten Kombinationen: Da haben Häuslebauer in der Tat die Qual der Wahl.Sonderanfertigungen für private Kunden
Das hatte die Familie Klas nicht, die heute in dem Haus wohnt, das der Großvater in den 30er-Jahren für den Fremdenverkehr gebaut hatte. Sie steigen auf dem Meisterstück von Norbert hinauf ins erste Stockwerk: auf einer prachtvollen, soliden Treppe aus Eiche, die zweifellos den überdauern wird, der sie erbaute. Sonderanfertigungen für private Auftraggeber bleiben Standbein Nummer zwei, das Vater und Sohn zu brauchen scheinen. "Sonst würden wir irgendwann nur noch von diesen runden Teilen hier träumen", meint Norbert und zeigt mit einem Schmunzeln auf dem Gesicht auf das Muster-Geländer.
